Kate und William in Deutschland:China hat die Pandas, Großbritannien die Royals

Prinz William und Herzogin Catherine besuchen Hamburg

Prinz William und Herzogin Kate bestaunen in Hamburg die Elbphilharmonie mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (links).

(Foto: dpa)

Prinz William und Herzogin Catherine werden bei ihrer Deutschlandreise bei nahezu jedem Termin als locker und nahbar inszeniert. Das gefällt nicht jedem.

Von Thomas Hahn, Verena Mayer und Jana Stegemann

Dass hier gleich ein britischer Thronfolger empfangen wird, ist in "Clärchens Ballhaus" kaum zu merken. Das Ballhaus ist einer dieser Berliner Szene-Orte, die viele Dinge auf einmal sein wollen, Biergarten, Ballsaal und das Tanzcafé, in dem ironisch geschwoft wird. Und während sich die Kamerateams aufstellen und die Mitarbeiter der britischen Botschaft hektisch herumwuseln, gehen die Berliner einfach zum Tanzen oder sitzen mit ihren Kindern an den Biertischen. Alles hier wirkt, als könnten sich William und Kate gleich mit dazusetzen und Berliner Weiße mit Schuss bestellen.

Und das ist genau so beabsichtigt. Fast jeder Programmpunkt der dreitägigen Deutschlandreise des Paares ist darauf ausgerichtet, den Eindruck größtmöglicher Lockerheit zu inszenieren. Alles normal, alles easy. Kam die Queen 2015 noch nach Deutschland, um an die Wunden der Geschichte und den mühsamen Prozess der europäischen Einigung zu erinnern, waren William und Kate nun von Mittwoch bis Freitag als diplomatische Botschafter von "Cool Britannia" unterwegs.

"#Freundship" steht dann auch in bestem Denglisch auf einer Leinwand im Ballsaal, in dem für William und Kate eine Party geschmissen wird, mit Berliner Szeneleuten, Start-up-Menschen, Designerinnen, Fotografen, Dragqueens und der DJane Goldierocks, die wummernden Techno auflegt. Als William und Kate an einem Stehtisch mit Schauspielern zusammenstehen, erzählen sie, dass sie alle Folgen der Fernsehserie "Game of Thrones" gesehen hätten. Die britischen Royals, Serienjunkies wie du und ich.

Noch mehr Nähe dann am Freitag: Da tauchen die Royals am Berliner Hauptbahnhof auf. Um das zu tun, was so viele Menschen in Berlin jeden Freitag machen: den ICE Richtung Hamburg nehmen. Und als sie zwei Stunden später am Bahnhof Dammtor aussteigen, schütteln sie wie selbstverständlich viele fremde Hände, ehe sie sich Richtung Hafencity zum Maritimen Museum chauffieren lassen.

Die britische Juristin und Schriftstellerin Hilary Mantel hat die Royals einmal mit Pandas verglichen. Sie meinte damals, dass es die Königskinder ebenso schwer hätten, in der modernen Welt zu bestehen, wie die vom Aussterben bedrohten Tiere. Mantel wurde der Satz seither oft um die Ohren gehauen; wenn man ihn aber mit der Art und Weise vergleicht, wie die Chinesen Pandabären als Instrument der Außenpolitik in die Welt schicken, ergibt er wieder Sinn: Je bitterer die politischen Verhältnisse sind, desto süßer müssen die diplomatischen Botschafter sein.

Ein Besuchsprogramm wie ein Kindergeburtstag

Während dieser Tage die Brexit-Verhandlungen bei der Frage feststecken, was aus den EU-Bürgern in Großbritannien wird, absolvieren William und Kate ein Besuchsprogramm, das an einen Kindergeburtstag erinnert. Heidelberg hat für den dreistündigen Besuch der Royals einen ganzen Markt mit Ständen regionaler Händler in der romantischen Altstadt aufbauen lassen, Bäcker helfen William und Kate, Brezeln zu schlingen. Danach stellt das Paar in einer Bonbonmanufaktur Zitronenlollis her, die sogar farblich zum Kleid der Herzogin passen. Sie probieren Limonade - natürlich zuckerfreie: Kate nimmt Orange-Fenchel, William mag Birne. Kate pustet Kerzen auf einem selbstgebackenen Kuchen aus und bekommt von Baden-Württembergs Landesvater Kretschmann eine Kuckucksuhr und einen Teddybären überreicht. Und nach dem Wettrudern zwischen Team Kate und Team William auf dem Neckar gibt es für beide eine Medaille. Schließlich ist jeder ein Gewinner, richtig?

In Hamburg schließlich ist erst leises Murren im Publikum zu hören, als das Paar am Maritimen Museum nur an- und nach 45 Minuten in der Ausstellung wieder abfährt. Aber das Bad in der Menge war ja auch an der Elbphilharmonie geplant. Kate und William nehmen es ausgiebig - prompt sind die Hamburger wieder begeistert. Später besuchen sie ein interaktives Konzert für Kinder, die Symphoniker Hamburg spielen Beethovens Fünfte. Es dirigiert unter anderem: die Herzogin von Cambridge. Kate am Pult mit Taktstock - ein weiteres Bild royaler Lässigkeit made in UK.

Auch bei den Royals kann Freundlichkeit wie eine Fassade wirken

Doch der Besuch liefert auch andere Bilder. An den Absperrungen in Berlin warten unzählige junge Leute mit Europa-Fahnen. Eine junge Frau trägt ein blaues Kleid und genau den blauen Hut, wie ihn die Queen kürzlich trug: mit gelben Blüten-Applikationen, die wohl nicht nur zufällig an die Europa-Sterne erinnerten. Sie heißt Gabi Bertin, ist 18 Jahre alt und Deutsch-Polin. Gerade hat sie Abitur gemacht, jetzt will sie studieren, am liebsten irgendwo in Europa. Sie könne nicht verstehen, wie unbekümmert William und Kate unterwegs seien, sagt sie. In Polen gehe gerade die Demokratie den Bach hinunter, und die einzige Hoffnung sei die EU. "Und dann tun die beiden so, als wäre nichts." Bertin rückt den Hut zurecht. "Die sind ja Europäer. Und man wird doch nicht von heute auf morgen Nicht-Europäer."

Freundlichkeit kann eben auch wie eine Fassade wirken. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz wird es gerade deshalb genossen haben, die hohen Gäste begleiten zu dürfen; der königliche Glanz tat ihm gut nach den Krawalltagen des G-20-Gipfels. Aber ein bisschen mehr als nur sonnige Gefühle verbreiten müssen Kate und William doch tun, gerade in Hamburg. Die deutsch-britischen Handelsbeziehungen haben die Hansestadt geprägt, ihr Besuch steht deshalb im Zeichen gemeinsamer Interessen an Seefahrt und Industrie. Denn Brexit bedeutet nicht das Ende aller Beziehungen. Im Maritimen Museum sprechen Kate und William mit Wissenschaftlern und Studierenden über Meeresforschung. Und sie besuchen das Airbus-Werk in Finkenwerder, reden mit Auszubildenden, besichtigen den Produktionshangar. Es heißt, das freundliche Paar von der Insel sei sehr interessiert gewesen.

Kate und William in Deutschland: Abschluss der royalen Besuchsreise in Hamburg.

Abschluss der royalen Besuchsreise in Hamburg.

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