Sanktionen:Unlautere Motive

Donald Trump sitzt in der Falle. Die Verbindung zu Wladimir Putin ist suspekt. Der Kongress treibt ihn deshalb in der Russland-Politik vor sich her - mithilfe einer Sanktionsliste. Dumm nur, dass die Strafen auch die Falschen treffen: etwa deutsche Unternehmen.

Von Nikolaus Piper

Für neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland gibt es viele Gründe. Die immer neuen Hinweise darauf zum Beispiel, wie zielstrebig Moskau zugunsten von Donald Trump in den amerikanischen Wahlkampf eingegriffen habe. Oder, aus deutscher Sicht, die Kaltschnäuzigkeit, mit der Wladimir Putin Siemens-Gasturbinen entgegen allen Absprachen auf die annektierte Krim lieferte. Eigentlich müsste der Westen jetzt abgestimmt und einheitlich reagieren. Tatsächlich jedoch geschieht genau das Gegenteil. Die Vereinigten Staaten stehen kurz davor, umfangreiche neue Sanktionen gegen Russland, Nordkorea und Iran zu erlassen, ohne sich dabei aber mit den Verbündeten abzusprechen. Ziemlich sicher treffen sie damit auch europäische Interessen.

In den USA sind die eigentlichen Motive für die neuen Sanktionen gegen Russland zunächst einmal rein innenpolitischer Natur. Keiner weiß, was in Sachen Wahlkampfeinmischung Russlands noch alles zu Tage gefördert werden wird. Gerade hat Trumps Schwiegersohn Jared Kushner vier Begegnungen mit Vertretern Russlands während des Wahlkampfs eingeräumt und gleichzeitig versichert, die Gespräche hätten mit der Wahl überhaupt nichts zu tun gehabt.

Der Kongress treibt Trump gegen Russland - auf Kosten der EU

Das Ganze hat durchaus auch komische Züge. Republikaner und Demokraten jedenfalls wollen den Präsidenten in seltener Einmütigkeit am Kungeln mit Putin hindern. Das Gesetz, das der Kongress noch diese Woche verabschieden soll, zwingt Trump nicht nur zu neuen Sanktionen (die er gar nicht will - er möchte, im Gegenteil, die bestehenden abschaffen). Es verbietet ihm auch, einmal erhobene Sanktionen ohne Zustimmung des Kongresses wieder aufzuheben. Das ist eine weitreichende Verschärfung des amerikanischen Handelsrechts, die auch künftige Präsidenten binden wird. Inzwischen steht fest, dass Trump das Sanktionsgesetz akzeptieren und nicht durch sein Veto blockieren wird. Angesichts der schweren Vorwürfe gegen sein Team bleibt ihm auch gar nichts anderes übrig.

Fatal ist, dass es einigen Anhängern von Russland-Sanktionen in Washington nicht nur darum geht, Putin und Trump gemeinsam in die Schranken zu weisen, sondern auch, der amerikanischen Wirtschaft gegen ausländische Konkurrenz zu helfen. Der erste Entwurf des Gesetzes, den der Senat im Juni beschlossen hatte, richtete sich klar gegen den - auch in Europa umstrittenen - Bau der neuen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland. Die Europäer sollten so gedrängt werden, weniger russisches Erdgas und dafür mehr amerikanisches Flüssiggas zu verbrennen. Es war ein unfreundlicher Akt besonders gegen Deutschland, das sich bei dem Thema auch mit dem Misstrauen seiner osteuropäischen Partner auseinandersetzen muss. Der neue Entwurf des US-Gesetzes, über den an diesem Dienstag das Repräsentantenhaus abstimmen soll, wurde angeblich an entscheidenden Punkten entschärft; wie sehr davon immer noch deutsche Wirtschaftsinteressen berührt sein werden, wird sich erst herausstellen. Misstrauen ist jedenfalls angebracht. Der neue amerikanische Protektionismus wirkt wie Gift in den Beziehungen zu Europa. Noch immer gibt es in Washington ja den Plan, gegen ausländische Stahlimporte, auch aus verbündeten Nationen, vorzugehen, weil diese angeblich die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährdeten.

Die Europäer befinden sich der unangenehmen Lage, sich doppelt schützen müssen: gegen Putins Übergriffe und gegen einen Verbündeten, bei dem Innenpolitik Außenpolitik schlägt und wo es auch einige Politiker gibt, die beim Thema Sanktionen von unlauteren, protektionistischen Motiven getrieben werden.

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