Repräsentantenhaus:USA bereiten weitere Sanktionen gegen Russland vor

  • Das US-Repräsentantenhaus hat fast einstimmig für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland gestimmt. Auch Iran und Nordkorea sind betroffen.
  • Sollte der Senat zustimmen, steht US-Präsident Trump vor einem Veto-Dilemma.
  • Das Gesetz ist auch brisant für das amerikanisch-europäische Verhältnis.
  • Russland bezeichnet die Sanktionen als Hindernis für eine Normalisierung der Beziehungen.

Die US-Politik bereitet neue Sanktionen gegen Russland vor: Nahezu einstimmig (419 zu drei Stimmen) billigte das Repräsentantenhaus einen Gesetzentwurf (pdf hier), der bereits von Barack Obama verhängte Sanktionen stellenweise erweitert und verschärft.

Die USA hatten die Maßnahmen ursprünglich wegen der Rolle Russlands im Ukrainekonflikt sowie der mutmaßlichen Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahl durch kremltreue Kräfte verhängt.

Die neuen Schritte sehen weitere Einschränkungen für russische Firmen bei Geschäften mit amerikanischen Gesellschaften vor. Zudem enthält der Plan auch neue Sanktionen gegen Iran und Nordkorea wegen ihrer jeweiligen Waffenprogramme.

Wenn der Senat zustimmt, der einen ähnlichen Entwurf ebenfalls fast einstimmig verabschiedet hatte, werden die Sanktionen gesetzlich festgeschrieben.

Russland hat den Entscheid verurteilt und als Hindernis für eine Normalisierung der Beziehungen bezeichnet. Für eine Entspannung ließen die vom US-Repräsentantenhaus verabschiedeten Strafmaßnahmen auf absehbare Zeit keinen Raum, sagte der Vize-Außenminister Sergej Rjabkow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Vielmehr betrete man durch die Sanktionen in den bilateralen Beziehungen völliges Neuland. Man werde nicht länger "Perlen vor die Säue werfen", sagte Rjabkow. Russland habe den USA zudem wiederholt mit Konsequenzen gedroht.

Der russische Außenpolitiker Konstantin Kossatschow frodert schmerzhafte Gegenmaßnahmen. "Eine solche Reaktion muss sein. Nicht symmetrisch, sie muss den Amerikanern weh tun", schrieb der Vorsitzende des Außenausschusses im Föderationsrat bei Facebook. "Eine weitere Verschlechterung der bilateralen Zusammenarbeit ist unausweichlich."

Trump in der Veto-Klemme

Brisant ist in dem Entscheid über Sanktionen eine Klausel über deren Aufhebung: Der US-Präsident müsste demnach künftig einen Bericht an den Kongress verfassen und dort begründen, warum die Beendigung von Maßnahmen gegen Moskau im nationalen Sicherheitsinteresse der USA liegt. Dies würde den Spielraum Donald Trumps in der Diplomatie mit Moskau deutlich einschränken.

Das Weiße Haus hatte zuletzt nicht eindeutig signalisiert, ob Trump das Gesetz unterschreiben oder sein Veto einlegen würde. Immer noch schwebt der Vorwurf im Raum, Trumps Wahlkampfteam habe unzulässige Kontakte zu Russland gepflegt.

Sollte der US-Präsident das Gesetz ablehnen, würde dies von Gegnern als weiteres Indiz für eine allzu russlandfreundliche Haltung gewertet werden. Zudem ist die Zustimmung für das Gesetz in beiden Kammern derart groß, dass der Kongress das Veto einfach überstimmen könnte.

Das Gesetz ist auch für das amerikanisch-europäische Verhältnis von großer Brisanz: Es ermöglicht dem US-Präsidenten, Sanktionen gegen Firmen zu verhängen, die sich an russischen Energieprojekten beteiligen.

Beunruhigung in Brüssel

Zu den sanktionierten Firmen könnten europäische Konzerne gehören, die sich an der umstrittenen Gas-Pipeline Nord Stream II beteiligen, die durch die Ostsee von Russland nach Deutschland führen soll. Mehrere osteuropäische EU-Ländern lehnen das Projekt in seiner gegenwärtigen Form ab.

Zu den Firmen, die an Nord Stream II beteiligt sind, zählen Uniper und Wintershall aus Deutschland, der französische Konzern Engie, der britisch-niederländische Konzern Shell sowie OMV aus Österreich.

Die Bundesregierung hatte die US-Sanktionspläne bereits im Juni als "befremdlich" und "völkerrechtswidrig" bezeichnet. Der Kreml hatte sie "kontraproduktiv" genannt. Sie schadeten den Interessen beider Länder, hieß es aus Moskau.

Zum ersten Mal ohne Absprache

Es ist das erste Mal, dass die USA selbsttätig Sanktionen gegen Russland verhängen - bislang sprach Washington solche Maßnahmen mit seinen europäischen Verbündeten ab. Dabei herrschte bisher der Konsens, dass die Sanktionen nicht die Gaslieferungen nach Europa betreffen dürfen.

Im verabschiedeten Gesetzentwurf ist nun von einer "Koordination" des US-Außenministeriums mit der Europäischen Union die Rede. Kritiker werfen den Vereinigten Staaten vor, die Sanktionen als Hebel zu verwenden, um selber zu einem relevanten Gasversorger für Europa zu werden.

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