Neue Hochschule:Die Uni Nürnberg soll klein und fein werden

Studenten bei VWL-Vorlesung in der LMU in München, 2014

Ob es an der Uni Nürnberg auch Volkswirtschafts-Vorlesungen geben wird, wie hier in München? Derzeit will Kommissionsleiter Herrmann nichts ausschließen.

(Foto: Florian Peljak)
  • Nürnberg wird eine eigene Universität bekommen - für etwa 6000 Studierende.
  • Eine Strukturkommission soll nun ein Konzept für die neue Hochschule ausarbeiten.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Dass die geplante eigenständige Universität in Nürnberg maximal 6000 Studienplätze haben wird, ist für Wolfgang Herrmann, Präsident der Technischen Universität (TU) München, nicht ausgemacht. "Das ist jetzt mal eine erste Zielgröße", sagte er am Donnerstag der Süddeutschen Zeitung - und zwar für das Jahr 2030. Ein späteres Wachstum hält Herrmann für denkbar und durchaus wünschenswert. "Am Ende stimmen die Studenten mit den Füßen ab", sagte er. Herrmann leitet im Auftrag der Staatsregierung die Strukturkommission, welche ein Konzept für die neue Hochschule ausarbeiten soll.

Das Kabinett hatte im Mai überraschend beschlossen, dass Bayerns zweitgrößte Stadt eine eigene Uni bekommen solle. "In Nürnberg wird eine neue, eigenständige Universität mit Schwerpunkt auf dem Gebiet der Technikwissenschaften und mit 5000 bis 6000 neuen, zusätzlichen Studienplätzen errichtet", hieß es anschließend. Doch auch aus Sicht des bayerischen Wissenschaftsministeriums darf es offenbar mehr sein. Dessen Pressestelle hat diese Woche darüber informiert, dass es um "mindestens" 5000 bis 6000 Plätze gehe.

Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle hatte Herrmanns Kommission am Dienstag offiziell ins Amt gehoben. Mitglieder sind mehrere amtierende und ehemalige Universitäts-Präsidenten (darunter Gerhard Casper, ehemaliger Chef der kalifornischen Stanford University), namhafte Wissenschaftler, aber auch der frühere bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu und Wilhelm Krull, Generalsekretär der Volkswagenstiftung Hannover, und die Zeit-Redakteurin Elisabeth von Thadden gehören der Runde an. Vier der 16 Kommissionsmitglieder sind Frauen. Zur ersten Sitzung werde man sich am 9. Oktober in München treffen, kündigte Herrmann an, beim zweiten Mal dann in Nürnberg, um den möglichen Standort der Universität zu besichtigen, ein ehemaliges Güterbahngelände südlich der Innenstadt.

Aus Sicht von Kommissionsleiter Herrmann ist die Größe der neuen Universität allerdings nicht die entscheidende Frage: "Es gibt international renommierte Universitäten mit nur 2000 bis 3000 Studenten", sagte er. "Nehmen Sie die École polytechnique in Paris. Das ist eine Spitzenuniversität." Auch die Stanford-University habe nur gut 16 000 Studienplätze. Entscheidend sei, welches Profil eine Universität habe. Wenn es nach dem inzwischen 69-jährigen Präsidenten der TU München geht, soll die Strukturkommission für Nürnberg "ein ganz neues, modernes Universitätskonzept" entwerfen.

"Ich will eine Campus-Uni, bei der alle Studenten auf dem Universitätsgelände wohnen, bei der die Liegenschaften der Universität gehören und die Universität unternehmerisch handlungsfähig ist", sagte Herrmann der SZ. Daher werde man auch über die Rechtsform der neuen Universität diskutieren. "Es kann durchaus sein, dass am Ende ein eigenständiges Modell für Nürnberg herauskommt, mit einem eigenen Universitätsgesetz. Wer die Gewohnheiten des Denkens nicht überwindet, wird keine erfolgsfähige neue Universität hinbekommen", betonte Herrmann.

Herrmann will neue Synergien für den Großraum

Was die inhaltliche Ausrichtung der Hochschule angeht, sagte er: "Wir lassen uns von nichts begrenzen." Die Kommission werde ihre Arbeit damit beginnen, dass sie sich ein Bild der Wissenschaftslandschaft in einem weiten Radius um die fränkische Metropole herum mache und frage: "Was kann ein überzeugendes Nürnberger Alleinstellungsmerkmal sein, mindestens deutschlandweit, das man dann zur ,Marke Nürnberg' entwickeln kann", sagte Herrmann.

Die Politik hatte Schwerpunkte wie Robotik oder Elektromobilität genannt. Dazu sagte Herrmann: "Man muss aufpassen, dass man sich nicht übernimmt. Jedes dieser Gebiete ist einen großen Aufschlag wert." Falls tatsächlich ein technischer Schwerpunkt nach Nürnberg komme, müsse auch der gesellschaftliche Bezug ein Thema sein, sagte Herrmann - nicht nur bei technischen Assistenzsystemen spiele das eine zunehmende Rolle. "Man wird überlegen müssen, wie man die Technik mit Geistes- und Sozialwissenschaften verschränkt und welche Synergien es dafür im Großraum Nürnberg gibt."

Viel Zeit hat die Kommission nicht. Schon im Sommer 2018 will Spaenle einen Antrag beim Wissenschaftsrat einreichen. Dieses Gremien berät die Bundesregierung und die Länder, wenn es um die Entwicklung der Wissenschafts- und Hochschullandschaft geht. Nach einem von Spaenle genannten Zeitplan soll die Universität Nürnberg spätestens 2028 in Betrieb gehen. Wie hoch deren Etat sein wird, ist nicht bekannt. Allein der Aufbau soll nach ersten Schätzungen eine Milliarde Euro kosten.

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