Lebensmittelskandal:Behörden in Belgien wussten schon im Juni von belasteten Eiern

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In insgesamt zwölf Bundesländer sollen die möglicherweise belasteten Eier gelangt sein. (Foto: dpa)
  • Der Skandal um verseuchte Eier hat seinen Anfang in Belgien genommen.
  • Die dortigen Behörden haben allerdings erst nach Wochen die Öffentlichkeit informiert.

Den Behörden in Belgien, wo der Eier-Skandal um das Insektizid Fipronil möglicherweise seinen Ursprung genommen hat, ist schon seit zwei Monaten bekannt, dass Hühnereier möglicherweise belastet sind. "Wir wussten seit Anfang Juni, dass es möglicherweise ein Problem mit Fipronil in der Geflügelzucht gibt", sagte eine Sprecherin der belgischen Behörde für Lebensmittelsicherheit dem belgischen Fernsehsender VRT.

Die Behörde habe die Informationen jedoch zunächst nicht an die Öffentlichkeit, sondern lediglich an die Staatsanwaltschaft gegeben. Dass die Verbraucher nicht früher informiert worden seien, stehe in Einklang mit europäischen Regeln, denn die Höchstwerte von Fibronil seien in Belgien nicht erreicht worden, so die Behördensprecherin.

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Millionen mit dem Insektizid Fipronil belastete Eier sind nach Deutschland gelangt. Immer mehr Bundesländer sind betroffen. Wie kam das Gift in die Eier? Und welche Wirkungen hat es? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Erst am 20. Juli meldete Belgien der EU-Kommission den Fall. Zwei Tage später wurde das Gift in den Niederlanden in Eiern von sieben Betrieben nachgewiesen. In den Tagen darauf folgten weitere Funde, auch vier deutsche Geflügelhöfe sind betroffen. Am Samstag wurde bekannt, dass in den Niederlanden weitere 14 Betriebe vorübergehend geschlossen wurden.

Mindestens zehn Millionen kontaminierte Eier aus den Niederlanden wurden nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums nach Deutschland geliefert. Sie seien in zwölf Bundesländern in den Handel gelangt.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zeigte sich über die belgischen Behörden enttäuscht. Schmidt habe erwartet, zeitnah und umfassend informiert zu werden, sagte ein Sprecher des CSU-Politikers am Samstag. Am Montag wolle der Minister mit seinem Amtskollegen in Brüssel telefonieren.

Kritik an seinem Krisenmanagement hatte Schmidt zuvor zurückgewiesen. Die Lebensmittelüberwachung sei "Aufgabe der Bundesländer." Trotzdem habe sich sein Ministerium "unverzüglich eingeschaltet". Der Handel habe genauso wie die Hersteller dafür Sorge zu tragen, dass die verkauften Produkte "verkehrsfähig und gesundheitlich unbedenklich sind". Zuvor hatte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem Minister vorgeworfen, tagelang in der Versenkung zu verschwinden, während die Verbraucher verunsichert seien.

Das Insektizid Fipronil ist ein Nervengift, das in der Tiermedizin gegen Flöhe, Läuse und Zecken eingesetzt wird. Ein rein pflanzliches Desinfektionsmittel ist in Belgien mit Fibronil verunreinigt worden. Dieses Desinfektionsmittel wurde dann insbesondere in den Niederlanden in Legehennenbetrieben eingesetzt. In der EU ist der Einsatz von Fibronil bei Nutztieren wie Hühnern verboten.

Beim Menschen kann das Mittel in höheren Dosen Übelkeit und Erbrechen auslösen. Bei dem höchsten in Belgien gemessenen Wert von Fipronil in Eiern sei eine gesundheitliche Gefahr für Kinder möglich, hieß es von Seiten des Bundesinstituts für Risikobewertung - hierzulande aber sei eine akute gesundheitliche Gefährdung derzeit praktisch ausgeschlossen, da alle bisher festgestellten Werte niedrig genug lägen.

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Kommentar von Silvia Liebrich

Ein Hersteller von Fertigsalaten hat unterdessen Produkte zurückgerufen, in denen Fipronil-Eier verarbeitet wurden. Der Rückruf der Firma "Neue Mayo Feinkost GmbH" aus Lübeck bezieht sich auf verschiedene Salate mit Mindeshaltbarkeitsdatum 16. beziehungsweise 18. August. Der Discounter Aldi hat vorübergehend sogar sämtliche Eier aus seinem Sortiment genommen. Baden-Württembergs Agrarminister Peter Hauk (CDU) kritisiert diese Maßnahme: "Aus Sicht unserer heimischen Landwirtschaft, die redlich einwandfreie Eier produziert, ist der Schritt wohl eher nicht nachvollziehbar", sagte Hauk der Stuttgarter Zeitung. Für einige Bauern könne das existenzbedrohend sein. Der Deutsche Bauernverband fordert bereits Schadenersatz für die betroffenen Hühnerbetriebe. Die Landwirte dürften nicht auf ihren Schäden sitzen bleiben, sagte der stellvertretende Generalsekretär des Bauernverbands, Udo Hemmerling.

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