Profil:Bernd Althusmann, der Gelassene

Regierungskrise in Niedersachsen

Spitzenkandidat der CDU in Niedersachsen: Bernd Althusmann.

(Foto: dpa)

Er gilt als abwägender Mensch, kühl und konsequent verwandelt der CDU-Spitzenkandidat in Niedersachsen die Steilvorlagen aus dem laufenden Betrieb. Das Vertrauen innerhalb der Union in ihn ist groß.

Von Thomas Hahn

Bevor Bernd Althusmann der Spitzenkandidat der Niedersachsen-CDU wurde, war er drei Jahre lang in Afrika. Bis Juni 2016 leitete er das Büro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Windhoek, Namibia, und hat dort den deutschen "Überperfektionismus" zu hinterfragen gelernt. Seinen Schluss daraus teilte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung mit: "Manchmal bringt da ein bisschen Gelassenheit mehr." Dass er vor den Neuwahlen am 15. Oktober die Wahlkämpfer "in Stil und Wortwahl zu mehr Maß und Mitte" aufrief, hat also möglicherweise auch mit den Lehren zu tun, die er aus seiner Zeit auf dem schwarzen Kontinent gezogen hat.

Wahrscheinlicher ist allerdings, dass Althusmann, 50, mit dem Appell seinem politischen Gegner zusetzen wollte, dem SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil. Die CDU hat mit Freuden die Abgeordnete Elke Twesten von den Grünen übernommen, was die rot-grüne Regierungskoalition die Einstimmen-Mehrheit kostete. Von "Verrat" und "Intrige" hat Weil deshalb gesprochen. Es gibt den Verdacht eines unmoralischen Angebots, die SPD fordert Aufklärung. Da ist es für den CDU-Chef Althusmann fast schon Pflicht, der moralischen Erregung mit sonorer Kühle zu begegnen. "Akzeptieren" möge der Gegner den Wechsel der Abtrünnigen Twesten.

Althusmann, Bundeswehr-Hauptmann der Reserve, Diplom-Pädagoge und Doktor der Betriebswirtschaft, gilt als abwägender Mensch. Aber jetzt geht es um die Macht, welche die CDU 2013 als Wahlsiegerin verlor, weil sie mit der FDP nicht auf genügend Sitze kam. Sogar am Montag, nach der Einigung auf den Wahltermin, giftete Althusmann, er komme "aus der Phase des Wunderns nicht heraus". Dann stellte er es so dar, als sei der von CDU und FDP bevorzugte Termin am Tag der Bundestagswahl (24. September) eine Idee von Weil und Landeswahlleiterin Ulrike Sachs gewesen.

Unter McAllister galt er als Kronprinz

Das Vertrauen der CDU in ihn ist groß. Mit 98,55 Prozent Zustimmung machte sie ihn im November 2016 zum Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten. Seine politische Karriere nahm unter Ministerpräsident Christian Wulff, dem späteren Bundespräsidenten, Fahrt auf: Als Abgeordneter wurde er erst zum Staatssekretär, dann im April 2010 zum Minister im Kultusressort befördert. 2011 stand er wegen seiner Doktorarbeit unter Plagiatsverdacht, den schließlich ein Gutachten der Uni Potsdam entschärfte. Althusmann konnte weiterwirken als agiler Verfechter von Studiengebühren und achtstufigem Gymnasium. Unter Wulff-Nachfolger David McAllister galt er als Kronprinz.

In der jüngsten Umfrage sah es gut aus für die CDU, Althusmann verwandelt die Steilvorlagen aus dem laufenden Betrieb konsequent. Dass Weil in die Kritik geriet, weil er eine Regierungserklärung zur Abgasaffäre von VW gegenlesen ließ, hat Althusmann zu einem Wahlversprechen inspiriert: Als Ministerpräsident will er die Verbindung von VW und Anteilseigner Niedersachsen lockern.

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