Streit im Weißen Haus:Trump und die dunkle Seite der Macht

President Trump Leaves Trump Tower En Route Back To New Jersey

US-Präsident Donald Trump verlässt New York.

(Foto: AFP)

Im Weißen Haus tobt ein Kampf zwischen Chefstratege Bannon und allen, die ihm nicht wohlgesonnen sind. Auch Trump-Unterstützer fordern jetzt seinen Rauswurf. Trump ziert sich: Er braucht Bannon.

Von Thorsten Denkler, New York

Es ist ein denkwürdiger Moment, als General H. R. McMaster am Sonntag nach Steve Bannon gefragt wird. Dreimal fragt ihn der NBC-Moderator Chuck Todd live, ob McMaster und Bannon noch gut zusammenarbeiten können im Weißen Haus. Dreimal windet und quält sich McMaster. "Ich arbeite jeden Tag mit sehr unterschiedlichen Leuten zusammen", ist die erste Antwort. Die zweite: "Ich bin bereit, mit jedem zu arbeiten, der die Agenda des Präsidenten und die Sicherheit und den Wohlstand des amerikanischen Volkes voranbringen will."

Ob er glaube, dass Bannon das tue? McMasters dritte Antwort: Jeder, der das Privileg habe, im Weißen Haus arbeiten zu dürfen, der sollte "motiviert sein, diese Ziele zu erreichen".

Nein, Trumps oberster Sicherheitsberater bringt den Namen Steve Bannon einfach nicht über die Lippen. Das spricht für ihn, weil es darauf hindeutet, dass er sich von gewissem Gedankengut fernhalten will. Aber es spricht massiv dagegen, dass im Weißen Haus alles Friede, Freude, Eierkuchen ist, wie Trump immer wieder glauben zu machen versucht. Ein wichtiger Grund dafür ist jener Steve Bannon, Trumps Chef-Stratege.

Bannon hat sich ein eigenes kleines Reich im Weißen Haus geschaffen

Bannon, der ehemalige Chef der ultrarechten Webseite Breitbart News, stieß vor exakt einem Jahr zu Trumps Wahlkampf-Team, als die Kampagne gerade in einer Krise steckte. Bannon holte sie aus dem Tief. Er mobilisierte mehr denn je seine Gefolgsleute für Trump, sah in ihm den Schlüssel, ultrarechte Positionen in den USA durchsetzungsfähig zu machen. Trump gewann die Wahl. Hernach wurde Bannon als das Mastermind hinter dem Sieg vermutet. Was Trump wiederum ärgerte.

Nach Trumps Amtsübernahme hat Bannon sich sein eigenes kleines Schattenreich geschaffen im Weißen Haus. Er ist umgeben von Leuten wie dem Rechtsaußen Stephen Miller, einem 31-jährigen Jungspund, der in Pressekonferenzen gerne verbal auf Journalisten eindrischt, wenn sie zu kritische Fragen stellen. Oder Sebastian Gorka, dem enge Verbindungen zur rechtsextremen "Alt Right"-Bewegung in den USA nachgesagt werden. Bannon und Gorka kennen sich noch aus gemeinsamen Breitbart-Zeiten.

Bannon bestreitet zwar immer wieder, ein Rassist zu sein. Er bestreitet aber nicht, dass er im Clinch liegt mit vielen im Weißen Haus und in den wichtigen Ministerien für Handel, Verteidigung und Außenpolitik. Er "kämpfe tagtäglich" gegen andere Mitarbeiter im Weißen Haus, sagt er in einem am Mittwoch erschienenen Gespräch mit der progressiven Zeitschrift The American Prospect.

Bannon macht Stimmung gegen McMaster

Trumps neuer Stabschef im Weißen Haus, John Kelly, soll bei seinem Amtsantritt klargemacht haben, dass er das Schattenreich von Bannon nicht akzeptieren werde. Vor allem werde er nicht hinnehmen, wie Bannon mit Sicherheitsberater McMaster umgeht.

Bannon scheint seine alte Plattform Breitbart zu nutzen, um Stimmung gegen McMaster zu machen. Fast täglich erscheinen dort negative Geschichten über den Sicherheitsberater. Dort heißt es dann etwa, er sei eine Bedrohung für die nationale Sicherheit. In einer jüngst erschienenen Geschichte wird McMaster bezichtigt, Mitarbeiter im Weißen Haus entfernen zu lassen, wenn sie Trump gegenüber zu loyal seien.

Die Quelle dieser Geschichten ist nicht bekannt. Aber alles deutet auf Steve Bannon hin. Das nimmt auch Trumps Zehn-Tage-Kommunikationschef Anthony Scaramucci an, der seit seiner Entlassung Bannon als das größte aller Übel im Weißen Haus hinstellt.

Bannon, ein Leaker? Einer, der Informationen an seine ehemalige Redaktion durchsticht, um damit speziell seinem Gegner McMaster zu schaden? Schon der Verdacht wäre Grund genug, den Mann zu feuern. Und nach der rechten Gewalt von Charlottesville werden die Stimmen lauter, die darauf drängen, Bannon aus dem Weißen Haus zu entfernen.

Will Trump Bannon überhaupt loswerden?

Trump nennt Bannon am Dienstag "meinen Freund" und einen "guten Kerl". Er sei jedenfalls "kein Rassist". Bannons Zukunft aber hält sich Trump offen. Was nichts weiter bedeutet. Das macht Trump grundsätzlich so.

Trump soll Bannon aber vorsichtshalber in eine Art inneres Exil geschickt haben, schreibt die New York Times. Der persönliche Kontakt zu Trump soll mehr oder weniger eingefroren sein. Seit mehr als einer Woche soll es kein direktes Zusammentreffen der beiden mehr gegeben haben - ungewöhnlich, weil Bannon früher ständig im Oval Office auftauchte.

Allerdings stehen die beiden telefonisch offenbar sehr wohl in einem engen Austausch. Es war Bannon, mit dem Trump über den Inhalt des ersten Statements zu Charlottesville beraten haben soll. Heraus kam die Aussage, dass die Gewalt von "vielen Seiten" gekommen sei. Eine explizite Verurteilung der Rechtsradikalen fehlte.

Trump ist damit Bannons Strategie gefolgt, nichts zu tun, was aussehen könnte wie normales Politikergehabe. Womit Trump aber wohl nicht gerechnet hat, ist, wie groß der Ärger darüber auch unter sehr konservativen Republikanern ist.

Aber wenn Trump Bannon feuern würde, könnte das für den US-Präsidenten gefährlich werden. Bannon hat massiven Einfluss auf eine für Trump wichtige Anhängerschaft: Ultrarechte, die 2016 vielfach zum ersten Mal überhaupt wählen gegangen sind, um Trump zu unterstützen.

Trump hat in vielen Wahlkreisen nur knapp gewonnen. Und dort waren nicht selten die Ultrarechten ausschlaggebend. Sie würden es persönlich nehmen, wenn Bannon auch nur ein Haar gekrümmt würde.

Bannon, das Bollwerk gegen das Establishment

Bannon gilt auch manchen Mitgliedern des Kongresses als Bollwerk gegen das Washingtoner Establishment. Die erzkonservativen Abgeordneten sind schon sauer genug, dass McMasters Vorgänger Michael Flynn gehen musste. Der sah den Islam als Feindbild und war einer von ihnen. McMaster dagegen halten sie für einen weichgespülten Republikaner.

Mark Meadows wird da recht deutlich. Er ist Vorsitzender des Freedom Caucus im Repräsentantenhaus, einer Gruppe von Republikanern, die den Einfluss des Staats auf die Bürger so weit wie möglich beschneiden wollen. Ohne Bannon, sagt er, gäbe es unter den Konservativen "einige Besorgnis", dass das Washingtoner Establishment Trump "in einer Weise beeinflussen könnte, die den Präsidenten wegbewegt von jenen Wählern, die ihn ins Weiße Haus gebracht haben".

Trump hilft den Rechtsradikalen. Und die unterstützen ihn

Die Volten, die Trump nach der rechten Gewalt von Charlottesville gemacht hat, helfen ihm noch an der rechten Basis. Rechtsradikale haben ihn im Netz dafür gefeiert, dass er sie nicht schon im ersten Anlauf verurteilt hat. Das hat er erst 48 Stunden später unter großem Druck getan - am nächsten Tag aber direkt wieder relativiert. Und dort sogar dem Begriff "Alt-Right" den Begriff "Alt-Left" entgegensetzt.

Diese Gleichsetzung ist eine neue Masche der Rechten, um sich selbst zu legitimieren. Trump hat der Rechten einen Riesengefallen getan. "Danke, Mr. President, für Ihre Aufrichtigkeit und den Mut", die Wahrheit gesagt zu haben über Charlottesville und den "linken Terror". Das twitterte kurz nach Trumps Auftritt am Dienstag David Duke, einer der führenden Köpfe der Rechtsradikalen in den USA und früherer Imperial Wizard im Ku-Klux-Klan.

Die Rechtsradikalen wissen, was sie an Trump haben. Bannon zu feuern, würde einen Keil zwischen sie und Trump treiben. Das will der Präsident offenbar nicht.

Trump könnte sich unabhängig machen von Gestalten wie Bannon. Er müsste dafür nur dem Rat von Scaramucci folgen: sich mehr der Mitte zuwenden. Wenn er das nicht mache, dann werde der Widerstand unter den moderaten Republikanern wachsen, prophezeit Scaramucci. Seine politische Agenda wäre obsolet.

Womöglich aber ist anderes wichtiger für Trump. Bannon hat gute Kontakte zu reichen Konservativen. Der Casino-Magnat Sheldon A. Adelson aus Las Vegas hatte Trump für die Feiern zur Amtsübernahme einen Fünf-Millionen-Dollar-Check zukommen lassen. Oder der Milliardär Robert Mercer. Dem hatte Trump der New York Times zufolge erst im März versichert, dass Bannon an Bord bleiben werde. Beides sind wichtige Wahlkampf-Spender - und Mercer finanziert viele von Bannons Projekten.

Ob das alles bedeutet, dass Bannon doch im Weißen Haus bleiben kann? Das weiß nur Trump. Und es dürfte, wie fast alles, von seiner jeweiligen Tagesform abhängig sein.

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