Berater von US-Präsident Trump:Bannon betreibt Imagepflege per Interview

Steve Bannon

Trumps Chefstratege Steve Bannon gilt als mächtiger Einflüsterer im Weißen Haus.

(Foto: AP)

Trumps Chefberater hält den "Wirtschaftskrieg" gegen China für wichtiger als den Nordkorea-Konflikt, der militärisch unlösbar sei. Rechtsextreme nennt er "Clowns" - und erklärt, wie er täglich im Weißen Haus für die Arbeiter kämpfe.

Von Matthias Kolb

Als ehemaliger Chef von Breitbart News kennt sich Steve Bannon mit Medien ziemlich gut aus. Er baute die konservative Website nach dem Tod ihres Gründers Andrew Breitbart zur wichtigsten Stimme der wütenden Amerikaner und insbesondere der Trump-Anhänger aus. Nach dem überraschenden Wahlsieg machte Donald Trump seinen Wahlkampf-Manager zum Chefstrategen im Weißen Haus (mehr über das Verhältnis der beiden hier).

Dort gilt der 63-Jährige als mächtiger Einflüsterer, der dem neuen US-Präsidenten einredet, sich aus dem Klima-Abkommen von Paris zurückzuziehen und internationale Handelsabkommen aufzukündigen. Nachdem er im Frühjahr kurzzeitig kaltgestellt wurde (Trump war sauer, weil Medien Bannon als eigentlichen Präsidenten beschrieben), stieg sein Ansehen im Frühsommer wieder. Nach den rechtsextremen Ausschreitungen in Charlottesville mehren sich nun wieder Berichte, wonach einflussreiche Republikaner von Trump verlangen, seinen Chefberater zu feuern.

In diesem Umfeld hat Steve Bannon nun ein seltenes Interview gegeben. Er gefällt sich in der Rolle des Strippenziehers und weiß zudem, dass seine Äußerungen stets für Aufsehen sorgen. Solche Gespräche helfen seiner Inszenierung. Im Januar sagte er der New York Times, dass die Medien in Trumps Amerika "Oppositionspartei" seien und die USA nicht mehr verstehen würden. Am Dienstag meldete sich Bannon bei Robert Kuttner, der für das progressive Magazin The American Prospect schreibt.

Kuttner argumentiert, dass die Politiker zu wenig täten, um Arbeitsplätze in den USA zu schützen. Das gefällt Bannon. In dem Gespräch, das mit "Der reuelose Steve Bannon" überschrieben ist, geht es also viel um China, aber natürlich auch um Charlottesville (Bannon nennt die Rechtsextremen "Verlierer") und die Machtkämpfe im Weißen Haus. "Sie pinkeln sich vor Angst in die Hosen", sagt Bannon über die Gegner seiner Agenda. Es folgen die wichtigsten Zitate aus dem Gespräch:

"Für mich zählt nur der Wirtschaftskrieg mit China. Darauf müssen wir uns konzentrieren wie die Verrückten. Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann haben wir in fünf oder allerspätestens in zehn Jahren einen Punkt erreicht, von dem aus wir uns nicht mehr erholen können."

Für Steve Bannon steht seit Jahren fest, dass die USA durch internationale Handelsabkommen geschwächt wurden und Peking Washington betrogen habe: etwa durch die Manipulation der Wechselkurse oder durch den Diebstahl von geistigem Eigentum. Nur wenn Amerika hier Stärke zeige, dann könnten jene gutbezahlten Jobs für Millionen Arbeiter entstehen, die Kandidat Trump versprochen hat.

Kürzlich hat Trump seinen Handelsbeauftragten angewiesen, eine entsprechende Untersuchung durchzuführen, an deren Ende Strafzölle stehen könnten. Dies ist Bannons Kurs: Er will eine Botschaft an China schicken, dass sich die Regeln ändern müssten. An die Konfrontation mit dem nach Atomwaffen strebenden Nordkorea, auf das Peking mäßigend einwirken könnte, denkt der Absolvent der Harvard Business School nicht. Der Nordkorea-Konflikt ist für ihn nur ein Nebenschauplatz - ein klarer Widerspruch zur Haltung von US-Präsident Trump, der mit "Feuer und Wut" drohte.

"Es gibt keine militärische Lösung, vergesst es. Solange niemand das Problem löst, wie man verhindert, dass zehn Millionen Menschen in Seoul innerhalb der ersten 30 Minuten sterben, wenn die Nordkoreaner ihre konventionellen Raketen abfeuern, braucht man überhaupt nicht darüber zu reden. Es gibt keine militärische Lösung, sie haben uns in der Hand."

Diese Sichtweise ist nichts Neues: China ist der Hauptfeind für Bannon und die Einschätzung der Nordkorea-Krise führte zu Streit mit Trumps Sicherheitsberater H. R. McMaster. Und wenn sein Vorgehen dem globalen Wirtschaftssystem schadet, dann ist Bannon zufrieden: Er sieht Chaos als etwas Positives. Im Interview mit The American Prospect brüstet sich der 63-Jährige damit, dass er dafür sorge, dass etwa im Außenministerium Hardliner gute Positionen erhalten würden.

Bannon, der einst selbst für Goldman Sachs arbeitete und heute die Wall-Street-Banker für gierig und unmoralisch hält, gibt sich keine Mühe, die Wogen zu glätten. Auch er sagt: Im Weißen Haus herrscht rund um das Thema China ein Kleinkrieg.

"Das ist der Kampf, den ich jeden Tag führe. Wir kämpfen weiter. Da gibt es das Finanzministerium und Gary Cohn (Trumps oberster Wirtschaftsberater) und all die anderen Goldman-Sachs-Lobbyisten. Wir müssen uns da durchsetzen. Der Präsident ist im Grunde auch dafür, aber der Apparat und die Bürokraten drehen durch. Verstehen Sie mich nicht falsch: Jeden Tag läuft das so ab."

Zur Diskussion um den Rechtsextremen-Aufmarsch in Charlottesville, bei dem eine Frau getötet wurde, äußert sich Bannon natürlich auch. Laut Medienberichten hat er mit Trump das erste Statement abgestimmt, in dem der Präsident "Gewalt von vielen Seiten" verurteilte - ohne distanzierende und eindeutige Worte für den Ku-Klux-Klan oder die rechtsextreme Alt-Right-Bewegung zu finden. Bannon hat diese Ideologie bei Breitbart gefördert, doch nun macht er sich fast lustig über die jungen Männer, die sich als Weiße "diskriminiert" fühlen und Standbilder von Bürgerkriegs-Generälen wie Robert E. Lee verteidigen.

"Ethnonationalismus, das ist etwas für Verlierer. Es ist eine Randerscheinung. Ich finde, dass die Medien das Thema aufbauschen und zu viel berichten. Wir müssen dieses Denken zerstören, beziehungsweise noch mehr mithelfen, es zu zerstören. Diese Leute sind einfach nur eine Ansammlung von Clowns."

Für Robert Kuttner war es das erste Gespräch mit Bannon. Insofern ist auch er etwas ratlos, was Trumps Chief Political Strategist mit diesen Aussagen bezweckt. Er mag kalkulieren, dass ihn der Präsident so schnell nicht rauswerfen werde - schlicht, weil Trump ungern tut, was alle anderen von ihm fordern. Oder er handelt aus Überzeugung und möchte quasi "im Kampf" gefeuert werden, ohne jegliche Kompromisse zu machen. Das Online-Portal Axios meldet nun, dass Bannon angeblich alle Aussagen off the record gemacht habe und eine Veröffentlichung nie beabsichtigt war.

Auf einen Erfolg von Trump bei den kommenden Wahlen setzt Bannon weiterhin: Die Mehrheit der US-Bürger wolle sichere Jobs und habe von den politischen Eliten und den Kulturschaffenden an den Küsten weiter die Schnauze voll. Ähnlich argumentiert er in einem Gespräch mit der New York Times, das zeitgleich erschienen ist. Hier das Statement aus dem bemerkenswerten Gespräch mit dem American Prospect.

"Je länger die Demokraten über Identität reden, umso besser. Dann besiege ich sie. Ich wünsche mir, dass sie täglich über Rassismus reden. Wenn sich die Linken nur auf Rassismus und Identitätspolitik (also Betonung von Feminismus, mehr Rechte für Schwule und Lesben sowie Minderheiten; Anm. d. Red.) konzentrieren, während wir unseren wirtschaftlichen Nationalismus betonen, dann können wir die Demokraten zerstören."

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