Bundestagswahl:Erdoğan: "Türken in Deutschland sollen nicht für Christdemokraten, SPD oder Grüne stimmen"

Bundestagswahl: Erdoğan schießt gerne scharf gegen Deutschland. Nun auch wieder kurz vor der Bundestagswahl.

Erdoğan schießt gerne scharf gegen Deutschland. Nun auch wieder kurz vor der Bundestagswahl.

(Foto: AP)
  • "Ich rufe alle meine Landsleute in Deutschland auf: die Christdemokraten, die SPD, die Grünen sind alle Feinde der Türkei", sagte Erdoğan in Istanbul vor Journalisten.
  • Deutschland sei nach den Worten des türkischen Präsidenten ein Land geworden, das die Werte der Europäischen Union verletze.
  • Kanzlerin Merkel verbittet sich Erdoğans Einmischung in die Bundestagswahl. Auch Außenminister Gabriel weist den Boykott-Aufruf zurück.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat die türkischstämmigen Wähler in Deutschland aufgefordert, bei der Bundestagswahl im September nicht für Christdemokraten, SPD oder die Grünen zu stimmen. "Ich rufe alle meine Landsleute in Deutschland auf: die Christdemokraten, die SPD, die Grünen sind alle Feinde der Türkei", sagte Erdoğan in Istanbul vor Journalisten.

"Unterstützt die politischen Parteien, die keine Feinde der Türkei sind." Welche das sind, sagte er nicht. Deutschland sei ein Land geworden, das die Werte der Europäischen Union verletze.

Kanzlerin Angela Merkel reagierte mit deutlichen Worten auf Erdoğans Aufforderung. Sie verbat sich jegliche türkische Einmischung in den Bundestagswahlkampf. Alle deutschen Staatsbürger, auch die Deutsch-Türken, hätten ein freies Wahlrecht, sagte sie auf einer CDU-Wahlveranstaltung in Herford. "Wir verbitten uns jede Art von Einmischung", sagte Merkel.

Gabriel fordert alle Wähler auf, der Einflussnahme entgegenzutreten

Auch SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) haben den Boykott-Aufruf Erdoğans gegen deutsche Parteien zurückgewiesen. "Erdoğan hat jedes Maß verloren. Umso mehr stehen wir an der Seite all derer, die für eine freiheitliche und demokratische Türkei kämpfen", schrieb Schulz bei Twitter. Kritik am türkischen Präsidenten kam auch von deutsch-türkischen und kurdischen Verbänden.

"Das ist ein bislang einmaliger Akt des Eingriffs in die Souveränität unseres Landes", sagte Gabriel den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND - Samstagsausgaben). Mit seinem Vorgehen zeige Erdoğan, "dass er die Menschen in Deutschland gegeneinander aufhetzen will." Gabriel forderte alle Wähler in Deutschland auf, dem Versuch der Einflussnahme durch Erdogan entgegenzutreten. Außerdem hob er hervor, dass in Deutschland alle Menschen jedweder Herkunft das fänden, "was Erdoğan in der Türkei zerstören will: Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie".

Unstimmigkeiten zwischen Deutschland und der Türkei

Die Türkei und Deutschland liegen in einer Reihe von Themen über Kreuz: Die Bundesregierung kritisiert unter anderem die Inhaftierung mehrerer Deutscher in türkischen Gefängnissen, darunter befindet sich auch der Journalist Deniz Yücel.

Die türkische Seite wiederum wirft Deutschland vor, Beteiligten am Putschversuch des vergangenen Jahres Zuflucht zu gewähren und Pläne zur Erweiterung der EU-Zollunion zu blockieren. Erneut forderte Erdoğan die Bundesrepublik zur Auslieferung mutmaßlicher Putschisten auf. "Genauso wie Deutschland seine Bürger von uns zurückhaben möchte", erwarte die Türkei, die "sich dort aufhaltenden Terroristen" ausgehändigt zu bekommen. Zudem wolle Deutschland "Kriminelle" zurück, während die Türkei "Terroristen" ausgeliefert haben wolle, so Erdoğan.

Der türkische Präsident hatte den Journalisten Yücel mehrmals als Agenten und Terroristen bezeichnet, obwohl bislang nicht einmal offiziell Anklage gegen ihn erhoben wurde.

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