Brexit:Dieser Mann soll den Briten den Handel wieder beibringen

Brexit: "Das Vereinigte Königreich kann nun Führungsstärke zeigen, wenn es darum geht, die Agenda des Welthandels zu bestimmen", sagt Crawford Falconer.

"Das Vereinigte Königreich kann nun Führungsstärke zeigen, wenn es darum geht, die Agenda des Welthandels zu bestimmen", sagt Crawford Falconer.

(Foto: David Hollander)
  • Der Neuseeländer Crawford Falconer soll als Chefunterhändler der britischen Regierung neue Handelsverträge für die Zeit nach dem Brexit aushandeln.
  • Der Mann hat jahrzehntelange Erfahrung: Er war Vizeminister für Handel, Vertreter bei der Welthandelsorganisation WTO und arbeitete auch für die OECD.

Von Björn Finke

Es gab 58 Bewerber für den Posten, wie das Ministerium in London mitteilt. Am Ende setzte sich ein Mann von der anderen Seite des Globus durch. Crawford Falconer, ein Neuseeländer, der auch einen britischen Pass hat, tritt in dieser Woche sein Amt als Chefunterhändler im Ministerium für internationalen Handel an. Nach dem Brexit 2019 darf Großbritannien selbst Handelsverträge mit Staaten abschließen, bisher obliegt das der EU. Die Austritts-Fans im Königreich behaupten, dass das Land schnell viele attraktive Abkommen mit Wirtschaftsmächten wie China unterzeichnen kann, um Zölle und bürokratische Hürden abzubauen. Dieses Versprechen einzulösen, ist nun Falconers Aufgabe.

Sein Vorgesetzter, Minister Liam Fox, ist ein Arzt mit einem Faible fürs Militärische, weswegen der Brexit-Vorkämpfer mal Verteidigungsminister war. Von Handelspolitik hat der Konservative wenig Ahnung. Da Gespräche über Freihandelsverträge bislang Brüssel übernimmt, gibt es auch im Beamtenapparat der Regierung kaum Fachleute. Das Ministerium wurde eigens nach dem EU-Referendum gegründet. Umso wichtiger war es, einen erfahrenen Chefverhandler zu finden.

An Erfahrung mangelt es Falconer wahrlich nicht. Der Neuseeländer ist Anfang 60 und beschäftigt sich seit drei Jahrzehnten, also sein halbes Leben, mit Handelspolitik. Er arbeitete lange als Experte im neuseeländischen Außenministerium, stieg bis zum Vizeminister für Handel auf. Zudem vertrat er sein Land bei der Welthandelsorganisation WTO. Bei der Organisation OECD war er stellvertretender Direktor für Handelsfragen. Auch als Richter bei internationalen Handelsstreitigkeiten war er immer wieder gefragt. Unter anderem befasste er sich mit dem Disput zwischen der EU und den Vereinigten Staaten über Subventionen für die Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Vor seinem Wechsel nach London lehrte er zwei Jahre lang als Professor an einer Universität in Christchurch in Neuseeland.

Nicht der erste Ausländer auf einem wichtigen Staatsposten

Britische Medien berichten allerdings, die Regierung habe eigentlich einen anderen Fachmann für den wichtigen Posten einkaufen wollen, und zwar Jonathan Fried, den früheren Botschafter Kanadas bei der WTO. Doch dem sei das Gehalt von einer Viertelmillion Pfund im Jahr zu mickrig gewesen. Das Handelsministerium weist diese Darstellung freilich zurück.

Dass die Regierung Ausländer mit derart bedeutenden Posten betraut, ist nicht ungewöhnlich. So ist der Gouverneur der Bank of England, der oberste Währungshüter, ein Kanadier: Mark Carney. Und gerade Fachleute für Handelsverträge dürften in Großbritannien schwierig zu finden sein, da sich seit Jahrzehnten Brüssel um diesen Bereich kümmert.

Falconer geht seinen Posten mit einer Mischung aus Optimismus und Forschheit an, die Brexit-Fans wie seinen Chef Fox entzücken wird. Der Neuseeländer schwärmt von den "enormen Möglichkeiten", die der Austritt aus der EU bietet. Er wolle Abkommen mit Staaten "rund um den Globus" abschließen. Und weil Großbritannien bald wieder selbst über seine Handelspolitik bestimmen kann anstatt das Thema nach Brüssel zu delegieren, solle London eine Führungsrolle in der Welthandelsorganisation WTO übernehmen: "Das Vereinigte Königreich kann nun Führungsstärke zeigen, wenn es darum geht, die Agenda des Welthandels zu bestimmen", sagt Falconer ganz unbescheiden.

Solange Großbritannien aber noch EU-Mitglied ist, also gut anderthalb Jahre lang, dürfen Fox und Falconer keine Verträge abschließen. Sie müssen sich darauf beschränken, Abkommen mit anderen Staaten vorzubereiten. Die globale Führungsrolle, die vermeintlich schöne neue Brexit-Welt, sie muss warten.

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