Bundesliga:Gräfes offener Vorwurf

Manuel Gräfe

Spricht über Missstände im eigenen Lager: Manuel Gräfe.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Schiedsrichter Manuel Gräfe erhebt harte Vorwürfe im Schiedsrichterwesen.
  • "Die beiden haben sich ihre Schiedsrichterliste so zusammengebastelt, wie sie es wollten", sagt er über die früheren Schiedsrichter-Chefs Hellmut Krug und Herbert Fandel.
  • Gräfe ist allerdings nicht der erste, der Kritik äußert.

Von Martin Schneider

Die Worte, die Schiedsrichter Manuel Gräfe wählte, waren hart. Sehr hart sogar. "Die beiden haben sich ihre Schiedsrichterliste so zusammengebastelt, wie sie es wollten. Es ging nicht vorrangig nach Leistung", sagte Gräfe im Interview mit dem Berliner Tagesspiegel und meinte damit Hellmut Krug und Herbert Fandel, die bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) jahrelang über Schiedsrichter-Ansetzung und Schiedsrichter-Bewertung bestimmten.

Es ist ein offener Vorwurf der Mauschelei. Zudem stellte er öffentlich seinen Berliner Kollegen und Fifa-Schiedsrichter Felix Zwayer in Frage ("Wie kann so jemand bis in die Spitze der deutschen Top-Schiedsrichter kommen?"). Alle von Gräfe Beschuldigten haben bislang keine Stellungnahme dazu abgegeben. Krug war zuletzt von der Deutschen Fußball Liga als Schiedsrichter-Manager zum Deutschen Fußball-Bund zurückgekehrt, Fandel war nach der vergangenen Saison als Vorsitzender der DFB-Schiedsrichterkommission zurückgetreten. Formal war Fandel also der Boss, intern galt aber Krug als der entscheidende Mann. Lutz Michael Fröhlich ist nun Nachfolger von Fandel. Fröhlich wurde von Gräfe im gleichen Interview zwar ausdrücklich gelobt, der wies ihn anschließend aber trotzdem zurecht. Beide Kritiken, sowohl an Zwayer, als auch an Krug und Fandel würden so nicht gehen und man werde darüber reden, meinte Fröhlich.

Nicht der erste, der sich kritisch äußert

Andere, wie Ex-Fifa-Schiedsrichter Bernd Heynemann, stimmten Gräfe via kicker zu: "Das ist nicht viel Falsches dran." Tatsächlich ist Gräfe nicht der erste, der sich kritisch zu der Art und Weise äußert, wie das deutsche Schiedsrichterwesen über Jahre organisiert war. Der aktuellste Fall war Bibiana Steinhaus. Die Schiedsrichterin war laut einer geheimen Rangliste des DFB bereits 2016 die Notenbeste in der zweiten Bundesliga. In die Bundesliga aufgestiegen ist sie aber erst 2017. Als sie am Samstag im Sportstudio zu Gast war, wollte sich Steinhaus dazu nicht äußern. Als das SZ-Magazin Steinhaus vor einiger Zeit porträtierte, vermutete ein Schiedsrichter, der international pfeift, zum Notensystem des DFB: "Welche Abzüge du kriegst, hängt von deinem Namen ab. Davon, was sie mit dir vorhaben."

Das System wurde aber auch schon von Babak Rafati kritisiert. Der Schiedsrichter, der im November 2011 versuchte, sich vor einem Bundesligaspiel das Leben zu nehmen, warf Krug und Fandel systematisches Mobbing vor. Er habe nicht ein einziges Mal Zuspruch erfahren, sondern nur "Kälte und Unerbittlichkeit" seitens Fandel, sagte Rafati 2013. "Diese fehlende Wertschätzung für mich als Mensch, dieser Vertrauensentzug vom Chef, der auch eine Fürsorgepflicht hat. Das war entleerend", sagte Rafati in einem Stern-Interview. Fandel soll ihm gegenüber den Satz gesagt haben: "Alle dürfen Fehler machen, nur du nicht, Babak!" Fandel und Krug bestritten damals die Vorwürfe. Fandel äußerte sich emotional. "Die Sichtweise von Herrn Rafati schockiert mich, das lässt mich nicht kalt. Ich hatte aus meiner Sicht immer ein gutes Verhältnis zu ihm, aber wir mussten bei schwachen Leistungen auch klarmachen, dass Fehler passiert sind", sagte er.

Um kritische Situationen für den Wuppertaler SV zu vermeiden

Und dann war da noch der von Gräfe angesprochene Felix Zwayer. Es ist die Geschichte, die am längsten zurückliegt. Zwayer war vor über zehn Jahren Schiedsrichter-Assistent im Team von Robert Hoyzer, der im Auftrag einer Wettmafia Spiele verschob und dafür Geld kassierte. Zwayer war damals 23 Jahre jung und nach einem Urteil des DFB-Sportgerichts hat er im Mai 2004 von Hoyzer 300 Euro angenommen, um kritische Situationen für den Wuppertaler SV zu vermeiden. Es konnte ihm allerdings kein absichtlicher Fehler nachgewiesen werden, später half er bei der Aufklärung des Falls. Er wurde vom Sportgericht für sechs Monate gesperrt, weil er die Vorgänge zu spät angezeigt hat. Öffentlich wurde diese Sperre aber erst viel später, als Zeit Online das Dokument zum Urteil publizierte.

Juristisch ist die Sache abgeschlossen, Gräfe stellt nun aber öffentlich die Frage, ob es moralisch richtig ist, dass jemand, der laut Sportgerichtsurteil als Schiedsrichter Geld angenommen hat, eine solch herausgehobene Stellung bekommt? Gräfe unterstellt Fandel und Krug indirekt, sie haben Zwayer gefördert, weil der ihnen aufgrund dieses Vorfalls zu Loyalität verpflichtet war.

Nun ist Schiedsrichter-Beurteilung eine heikle Angelegenheit und Felix Zwayer pfeift nicht erkennbar schlecht, in den verschiedenen Ranglisten von Magazinen, die regelmäßig Noten vergeben, liegt er im Mittelfeld. Eine Orientierungshilfe ist vielleicht die Umfrage, die der kicker am Ende jeder Saison unter allen Bundesligaprofis durchführt. Dort wird gefragt: Wer war der beste Schiedsrichter? Vergangene Saison gewann Manuel Gräfe.

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