Parkinson:Forscher testen an Affen erfolgreich neue Therapie gegen Parkinson

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Erstmals ist es Forschern gelungen, ein Hirnleiden von Primaten mithilfe von transplantierten Nervenzellen wirksam zu behandeln. (Foto: Misaki Ouchida, Center for iPS Cell Research and Application, Kyoto University)
  • Forscher berichten, dass sich Bewegungsprobleme von Affen vermindert haben, nachdem ihnen aus Stammzellen gewonnene Neuronen ins Gehirn übertragen wurden.
  • Die nun transplantierten Neuronen stammen von induzierten pluripotenten Stammzellen (ipS-Zellen) ab und lassen sich durch eine biochemische Reprogrammierung aus normalen Bindegewebszellen gewinnen.
  • Die Ergebnisse sind ein erster Schritt; es geht grundsätzlich um die Frage, wie man Parkinson eines Tages heilen könnte.

Von Kathrin Zinkant

Erstmals ist es Forschern gelungen, die Parkinsonkrankheit bei Primaten mithilfe von transplantierten Nervenzellen wirksam zu behandeln. Wie das Team um Jun Takahashi von der Universität in Kyoto in der aktuellen Ausgabe von Nature berichtet, konnten die Bewegungsprobleme der Tiere nachhaltig vermindert werden, nachdem die Wissenschaftler aus Stammzellen gewonnene Neuronen ins Gehirn der Tiere übertragen hatten.

Parkinson ist nach der Alzheimerschen Demenz das zweithäufigste neurodegenerative Leiden. In Deutschland sind nach Angeben des Kompetenznetzes Parkinson gut 280 000 Menschen betroffen. Die Ursachen der Erkrankung sind unzureichend geklärt. Sowohl genetische Faktoren als auch Umwelteinflüsse gelten als mögliche Auslöser eines massiven Nervensterbens in der Substantia Nigra des Gehirns.

Bisherige Zelltherapien erwiesen sich als zu riskant - oder auf Dauer als wirkungslos

Dieses Areal spielt eine wesentliche Rolle für die Bewegungsfunktion. Erst wenn ein erheblicher Teil der Nervenzellen abgestorben ist, äußern sich die typischen Parkinson-Symptome: verlangsamte Bewegungen, ein Erstarren der Muskulatur, heftiges Zittern und eine zunehmend gebeugte Körperhaltung. Die geistigen Fähigkeiten der Patienten bleiben häufig davon unbeeinflusst. Behandelt werden können bislang jedoch nur die Symptome der Erkrankung. Eine Therapie, die den Verlauf der Krankheit stoppt oder gar umkehrt, gibt es nicht.

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Insbesondere die regenerative Biomedizin hat deshalb früh versucht, neue Nervenzellen aus Stammzellen zu züchten, die als Ersatz für die niedergegangenen Neuronen im Gehirn dienen und womöglich eine Stabilisierung der Erkrankung herbeiführen könnten. Embryonale Stammzellen erwiesen sich jedoch als zu riskant, weil sie im Gehirn Tumore bildeten. Vorläufer von Nervenzellen zeigten ein geringeres Risiko, brachten dafür aber keine bleibende Wirkung.

Die jetzt vom Team um Jun Takahashi transplantierten Neuronen stammen von einer relativ neuen Art von Stammzellen ab. Diese induzierten pluripotenten Stammzellen (ipS-Zellen) lassen sich durch eine biochemische Reprogrammierung aus normalen Bindegewebszellen gewinnen und haben dann das Potenzial, sich zu beliebigen Gewebetypen zu entwickeln - auch zu exakt jener Art von Nervenzellen, die im Gehirn von Parkinsonpatienten verloren gehen. Experimente mit anderen Tieren, die parkinsonähnliche Beschwerden haben, zeigten bereits, dass diese dopaminergen Nervenzellen die Bewegungsfähigkeit der Tiere verbessern. Was bislang fehlte, war ein Nachweis der Wirkung bei Primaten.

Dass dieser Nachweis nun erbracht ist, stößt vor allem in der Stammzellforschung auf Begeisterung. "Die Arbeit stellt einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung zelltherapeutischer Verfahren zur Behandlung von Parkinson dar", sagt Frank Edenhofer von der Universität Innsbruck. Der Biomediziner hält es für möglich, dass die Therapie nun in einigen Jahren als Behandlung angeboten werden kann. Ähnlich sieht es auch Oliver Brüstle vom Universitätsklinikum Bonn. "Die aktuelle Arbeit kommt der Situation beim Menschen sehr nahe", sagt der Stammzellforscher. Der nächste Schritt werde die Anwendung in der Klinik sein.

Trotz der Begeisterung lässt die neue Studie einige wichtige Fragen offen. So spiegelt das verwendete Tiermodell nicht ganz die Situation im Menschen. Die verwendeten Makaken wurden mit einem Neurotoxin behandelt, bis sie Parkinsonsymptome zeigen. "Das entspricht dem Standard", sagt der Neurologe Tom Foltynie vom University College in London. "Allerdings ist es eher ein statisches Modell im Gegensatz zur fortschreitenden Erkrankung beim Menschen." Es könne sein, dass die Verbesserungen, die in den Primaten beobachtet wurden, in Patienten geringer ausfallen und wieder verschwinden, wenn die Krankheit fortschreitet. Dennoch seien viele wichtige Probleme der Zelltherapie von Parkinson durch die neue Forschungsarbeit gelöst worden.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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