Grundeinkommen:Von den Alten lernen

Gesellschaft lässt sich nicht wissenschaftlich testen, sagt ein Philosoph. Nur üben geht. Ein Leser hält dagegen: ohne Experimente, keine Beweise, kein Grundeinkommen. Die Alternative: Man schaut auf die Dauertester im Land: die Renter.

Zur Außenansicht "Experimente täuschen" vom 4. August:

Alles testbar

Philip Kovce behauptet, es sei nicht möglich, ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) vorab zu testen. Die BGE-Befürworter behaupten, dass die Menschen sich vermehrt selbständig machen, mehr soziales und politisches Engagement zeigen, mehr Zeit für die Familie aufwenden und zu einer als sinnvoller empfundenen Arbeit wechseln würden. Alles das ist durchaus testbar. Weiter wird behauptet, dass die Löhne gerade im unteren Bereich steigen, die Einkommensverteilung gleichmäßiger wird, die Armut zurückgehen würde und Verwaltungskosten eingespart werden könnten. Auch diese Behauptungen sind sachlich beurteilbar.

Kritiker befürchten, dass die Menschen weniger Vorsorge treffen, ein verringertes Engagement am offiziellen Arbeitsmarkt nicht unbedingt durch andere gesellschaftlich nützlich Tätigkeiten ausgeglichen würden und die Bildungsanstrengungen nachlassen könnten. Auch das ist testbar. Es ließe sich in einem Erörterungsprozess auch klären, wie leicht oder schwer die Finanzierung eines BGE fallen würde. Aber Kovce hat die Frage der Finanzierbarkeit als "Pseudofrage" bezeichnet, denn "das Grundeinkommen muss nicht bezahlt, sondern verstanden werden". Zuzustimmen ist ihm, wenn er sagt: "Sollten wir das BGE früher oder später einmal wollen, können wir es auch." Aber wie soll es zu einem solchen Wollen kommen - ohne Evidenz über die individuellen und gesellschaftlichen Wirkungen? Sich gegen mögliche sozialpolitische Tests und Experimente zu sträuben entspricht einer voraufklärerischen Einstellung. Dr. Rigmar Osterkamp, Bichl

Rentnern zuschauen

Es gibt sie ja in großer Zahl, die Deutschen, die ein BGE beziehen: die Rentner und Pensionäre. Mein Vorschlag wäre eine Erhebung darüber, wie viele von ihnen dem süßen Nichtstun frönen und wie viele sich ehrenamtlich um Flüchtlinge kümmern, ehrenamtlich in Vereinen, Gemeinderäten, sozialen Organisationen tätig sind, Nachbarn betreuen oder als Großeltern die mangelhafte staatliche Fürsorge für die Kinder berufstätiger Eltern übernehmen - eine solche Erhebung würde den Gegnern des BGE viel Wind aus den Segeln nehmen. Heimfried Furrer, Lahr

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