US Open:Kohlschreiber verliert gegen eine Monströsität

Roger Federer und Philipp Kohlschreiber

Am Ende bleibt Philipp Kohlschreiber nur der Händedruck mit Roger Federer. Er verliert gegen den Schweizer im Achtelfinale der US Open.

(Foto: REUTERS)
  • Kohlschreiber verliert gegen Federer im Achtelfinale der US Open.
  • Federer hat mehr Probleme mit seinem Hintern als mit Kohlschreiber.

Von Jürgen Schmieder, New York

Eine Stunde vor dem Spiel, da stand Philipp Kohlschreiber alleine in dieser Arena, in die am Abend mehr als 23 000 Menschen kommen sollten. Er prüfte zunächst einmal, ob das Spielfeld auch im größten Tennisstadion der Welt tatsächlich 23,78 Meter lang und 8,23 Meter breit ist. Natürlich ist es das.

Und doch ist eine Partie im Arthur Ashe Stadium anders, weil einige Dinge darin derart gewaltig sind, von den Anzeigetafeln bis zu den Popcornkübeln, dass einem die für eine Partie bedeutenden Sachen wie Tennisplatz und Bälle manchmal sehr klein vorkommen.

Ein Duell in dieser Arena ist wegen der Größe anders. Und wegen der wahnwitzigen Atmosphäre gerade nach Sonnenuntergang. Wirft der Spieler den Ball vor dem Aufschlag in die Luft, dann sieht er im Hintergrund nicht nur - wie auf allen anderen Plätzen der Welt - erst den Gegner, dann eine Tribüne und dann den Himmel. Er sieht: Gegner, Tribüne, VIP-Loge, Tribüne, Anzeigetafel, US-Flagge, Dachkonstruktion, Flutlicht, Himmel. Kohlschreiber übte also alleine: Ballwurf und Aufschlag.

In dieser gigantischen Arena sind auch die Gegner riesengroß. Zumindest aus der Sicht eines Philipp Kohlschreiber. Wenn er hier gewinnen will, muss er monströs spielen.

Kohlschreiber trat am Montagabend gegen Roger Federer an, dem nach allgemeinem Dafürhalten besten Spieler der Geschichte. Auch wenn Federer in diesen US Open bislang nicht überzeugend war. Wegen einer Rückenverletzung konnte er sich kaum vorbereiten.

Das verleitete Kohlschreiber zu vorsichtigem Optimismus: "Wenn ich gut spiele und Roger gut spielt, dann wird es trotzdem nicht reichen. Aber wenn er nicht gut spielt, dann werde ich da sein. Das ist die vielleicht beste Chance in meinem Leben, doch noch mal gegen ihn zu gewinnen." Er wusste aber auch, dass ein Sieg gegen Federer nur dann möglich ist, wenn alle Planeten in diesem Sonnensystem auf einer Linie stehen und der Stern in der Mitte nicht ganz so hell leuchtet.

Kohlschreiber spielte gut an diesem Abend. Aber er spielte eben nicht monströs. Er hatte zu Beginn Probleme mit Ballwurf und Spieleröffnung. Und verlor deshalb immer dann ein Aufschlagspiel, wenn Federer sich dachte, dass es nun eine ganz gute Idee sein könnte, seinem Gegner den Aufschlag abzunehmen. Federer musste nicht einen Breakball abwehren.

Nach kaum zwei Stunden war die Partie vorbei, Federer gewann 6:4, 6:2, 7:5, nach wahrlich nicht überragendem Spiel. Aber gegen ihn wirken die meisten Gegner fürchterlich klein, wenn sie nicht über sich hinauswachsen.

Federer musste dennoch zwei knifflige Momente überstehen an diesem Abend: Zunächst zwickte der Hintern, er musste behandelt werden. "Ich wollte das nicht auf dem Platz erledigen, also bin ich mal lieber in die Kabine gegangen", sagte er danach lachend.

Federers Problem mit dem strippenden Fan

Später entledigte sich ein Fan, dessen Eigenart es ist, sich an jedem Abend mehrere T-Shirts vom Leib zu reißen, in genau dem Moment seiner Ober-Bekleidung, als auch Federer das Hemd wechselte: "Dieses Duell habe ich wohl eindeutig verloren, der Kerl ist der Hammer."

Es sagt viel aus über eine Partie, wenn der eine Spieler danach sagen kann, dass er nur mit einem Krampf im Hintern und einem strippenden Fan Probleme gehabt hat. Die Planeten in diesem Sonnensystem und auch der Stern in der Mitte, die stehen für Roger Federer nach zwei wackligen Auftritten zu Beginn des Turniers wieder genauso, wie er das haben möchte.

Als Kohlschreiber die Arena verließ, da blickte er noch einmal nach oben: auf Tribüne, VIP-Loge, Tribüne, Anzeigetafel, US-Flagge, Dachkonstruktion, Flutlicht, Himmel. Das Stadion findet er ganz okay. Doch dieser Gegner, der ist einfach zu monströs.

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