Frauengehälter:Höchste Eskalationsstufe

Der dänische Fußball-Verband und seine Spielerinnen streiten ums Geld. Es geht um sehr viel, nämlich um die Gleichstellung im Sport.

Von Barbara Klimke

In ganz Europa, von Bern bis Bukarest, rollt dieser Tage der Ball. Keine Flanke, kein Fallrückzieher der Männer aber kann die Dramatik jener Szenen übertreffen, die sich im dänischen Frauen-Fußball abspielen. Dort sieht sich der Verband gefordert, binnen kürzester Zeit notfalls ein komplett neues Nationalteam aufzustellen, wie ein Sprecher mitteilte. Es sei denn, dass sich bis zum WM-Qualifikationsspiel in Ungarn, Anstoß Dienstag um 18 Uhr, ein arbeitskampferprobter Schlichter findet.

Nicht, dass es Dänemark an kickenden Frauen fehlte. Das A-Team hat im Sommer eine brillante Europameisterschaft bestritten und auf dem Durchmarsch ins Finale auch über Olympiasieger Deutschland triumphiert. Anfang September aber liefen die Tarifvereinbarungen zwischen Verband und Spielerinnen aus. Die Funktionäre sind bisher nicht auf die neuen Bedingungen der Spielergewerkschaft (höhere Prämien; bessere soziale Absicherung) eingegangen; die Frauen traten zum Training nicht an. So kam eines zum anderen: Ein für den heutigen Freitag anberaumtes Testspiel, eine freundschaftliche EM-Revanche gegen Europameister Niederlande, wurde abgesagt. Damit ist die höchste Eskalationsstufe erreicht, denn das Stadion war angeblich ausverkauft.

Es ist müßig zu spekulieren, welche Seite recht hat: Der Verband DBU beziffert die geforderte Prämiensteigerung auf exorbitante 342 Prozent, ist aber nur gewillt, 46 Prozent anzubieten. Die Spielergewerkschaft hingegen führt aus: Wenn sich der Reallohn nur im Minimalbereich bewege, dann müsse jede realistische Forderung ungeheuer wirken. Kein Zweifel, die Situation ist vertrackt. Und sie wird es bleiben, solange der Verband bei seiner Argumentationslinie bleibt. Die lautet: Man würde den Frauen gern mehr Zuwendungen zugestehen - "aber wir verlieren Jahr für Jahr Geld durch den Frauenfußball". Der Verband sieht die feminine Sparte, trotz nachweislicher Klasse, nur als Verlustgeschäft.

Das führt Sportverbände zwangsläufig in den Konflikt, nicht nur in Dänemark: In den USA reichten voriges Jahr fünf Fußball-Nationalspielerinnen eine arbeitsrechtliche Beschwerde wegen der Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen bei gleicher Arbeit ein. Der Tarifstreit zwischen US-Verband und Spielerinnen endete mit einem großzügigen Kompromiss. In England rügten Parlamentarier im Sommer den Beschluss des Rugby-Verbandes, die Verträge mit den festangestellten Profispielerinnen nach der WM zu beenden. Verbände, zumal im Fußball, sind heute hochkommerzialisierte und einträgliche Unterhaltungsbetriebe. Wenn über finanzielle Vereinbarungen verhandelt wird, geht es um mehr als die Frage, was die Frauen den Vorständen wert sind. Sie als bessere Amateurinnen abzuspeisen, passt nicht in die Zeit und wirkt diskriminierend. Damit kommt kein Unternehmen mehr durch. Auch nicht im Sport.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: