Mönchengladbach:Mit Willen und Schmerzen

Mönchengladbach 19 09 2017 Christoph Kramer BMG mit Verletzung im Gesicht Borussia Mönchengladbac

Déjà-Vu mit Christoph Kramer? Nein, der am Wochenende blessierte Gladbacher verletzte sich wieder und musste vorzeitig ausgewechselt werden.

(Foto: Moritz Müller/imago)

Borussia Mönchengladbach schlägt den VfB Stuttgart nach zwei Toren in der zweiten Halbzeit 2:0 - zahlt aber den Preis einer weiteren Verletzung von Christoph Kramer.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Gehirnerschütterung und Gedächtnisverlust im WM-Finale 2014, ein Tritt vom Leipziger Naby Keita ins Gesicht am vergangenen Samstag, und nun ein Zusammenprall mit dem Stuttgarter Anastasios Donis schon in der 23. Minute mit Platzwunde, Schädelprellung und geschwollener Nasenwurzel: Die Fußballkarriere des Gladbachers Christoph Kramer hatte schon viele schmerzhafte Höhepunkte. Schmerzlindernd dürfte am Dienstagabend nur gewirkt haben, dass seine Kollegen von Borussia Mönchengladbach nach dürftiger erster Halbzeit an Effizienz zulegten und durch zwei Tore des Brasilianers Raffael zum verdienten 2:0 (0:0)-Sieg gegen den VfB Stuttgart kamen.

Nach einem Doppelpass mit Nico Elvedi drosch Raffael den Ball in der 57. Minute per Direktabnahme ins Tor, ehe man es ihm in der 74. Minute ein bisschen leichter machte. Da durfte er sich den Ball auf den Elfmeterpunkt legen, weil der Stuttgarter Dennis Aogo im Strafraum den Gladbacher Thorgan Hazard umgerissen hatte. Raffael war Gladbachs Held des Tages. Der 32-Jährige ist nur vier Jahre jünger als Stuttgarts Trainer Hannes Wolf, der am Donnerstag sein Einjähriges beim VfB feiert. Nach der dritten Niederlage im dritten Auswärtsspiel werden sich die Feierlichkeiten aber in Grenzen halten. Nicht einmal die Gladbacher waren überschwänglich nach dem anstrengenden Sieg, über den ihr Kapitän Lars Stindl mit der Stimme der Vernunft lakonisch sagte: "Diese Erfahrung wird uns weiterbringen."

Um den Schwaben zu signalisieren, dass man sie zu besiegen gedachte, hatten die Social-Media-Beauftragten der Borussia am Dienstagmittag bei Twitter eingetragen: "Bei uns seht Ihr kein Ländle!". Aber so großspurig wie das klang, geriet der Erfolg nicht. Während sich die Gladbacher unten auf dem Rasen mit viel Ballbesitz, aber weitgehend einfallslos abmühten, tat sich auch der Stadionsprecher schwer, den alle fünf Minuten Bengalo-Stäbe abbrennenden VfB-Anhängern wiederholt verständlich zu machen, das man das im Borussia-Park nicht so gerne sieht. In der 60. Minute unterbrach Schiedsrichter Sören Storks die Partie sogar für drei Minuten, weil es ihm mit den rauchenden Leuchtfeuern zu bunt wurde. Es könnte ein teurer Spaß für die Stuttgarter werden. "Und ich dachte immer, Schwaben sind geizig", witzelte Gladbachs Einheizer Torsten Knippertz.

In der Pause schickte die Stadionregie Van Halen's Klassiker "Jump!" über die Lautsprecher, und wirklich spielten die Borussen danach sprunghaft besser. "Bisschen schärfer, bisschen präziser", fand Stindl und lobte die Geduld seiner Kollegen, gegen tief stehende Stuttgarter immer weiter angerannt zu sein.

Je sieben Ausfälle von relevanten Spielern hatten beide Trainer zu Umbauten gezwungen. Im Vergleich zum vorigen Spieltag schlug sich das in je zwei Hereinnahmen nieder: bei Gladbach Tobias Sippel und Patrick Herrmann; beim VfB Takuma Asano und Orel Mangala. Die Wechsel waren deshalb von Bedeutung, weil Sippel bei Gladbach im Tor stand und den verletzten Stammkeeper Yann Sommer ersetzte - und weil Asano beim VfB auf der rechten Außenbahn dort auflief, wo der muskulär geplagte Chadrac Akolo nicht mitspielen konnte. Mit Akolo und Badstuber fehlten den Stuttgartern folglich jene beiden Spieler, die zuvor alle drei Liga-Tore geschossen hatten, während den Gladbachern mit Sommer der gewohnte Rückhalt fehlte.

Sippel machte seine Sache solide, insgesamt elf Torschüsse zählte die Statistik für den VfB, vor allem gegen Ende. "Wir haben vieles gut gemacht", lobte auch Wolf die Seinen, "es gibt einen Unterschied zwischen Wollen und Können", verriet er über das zögerliche Offensivspiel. "Ein Riesenkompliment", sprach Hecking seinen Spielern aus "für ihre Willenstärke und die Laufleistung mit fast 120 Kilometern". Mittelfeldmann Kramer habe er schützen müssen, als er ihn zur Pause aus dem Spiel nahm. Der Schmerzensmann ist hart im Nehmen. "Chris ist keiner, der freiwillig rausgeht", sagte Hecking.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: