Wenn Charles Bradley die Bühne betrat, konnte einem angst und bange werden. Reicht seine Soulpower, das Kraftwerk seiner Stimme, um sich noch einmal emporzupressen, zu schreien, die Finsternis zu vertreiben? Nein, dieser Soulveteran hatte keine Routine drauf wie sein Vorbild James Brown, seine Gesten schienen der Verletzlichkeit seines Gesangs hinterherzuhinken, während sein Gesichtsausdruck stets mit einem Ausdruck zwischen Verzweiflung und schmerzhafter Ekstase kämpfte.
Denn Charles Bradley, ein aus Brooklyn stammender Soulmann, sang über sein eigenes Schicksal - und für all jene, die wie er nach Anerkennung und Liebe suchten.
Tragödie, das klingt angesichts von Bradleys Leben wie ein Euphemismus. Erst mit 62 Jahren konnte er sein Debüt "No Time For Dreaming" veröffentlichen - gefolgt von den Klassikern "Victim of Love", und "Changes". Davor hatte er als jugendlicher Ausreißer lange auf der Straße gelebt und sich später mit Hilfsjobs über Wasser gehalten. Nebenbei trat er als James-Brown-Imitator auf. Ohne Erfolg.
Bis ihn eines Tages Gabriel Roth, Chef des Daptone-Labels, in einer New Yorker Bar singen hörte. Er spannte ihn mit einer Band weißer Hipster zusammen, ermutigte ihn, die Tiefschläge seines Lebens - zuletzt die Ermordung seines Bruders, und den Tod der von ihm gepflegten Mutter - in Songs zu gießen. Souldramen, die Bradley in die Nachfolge von Giganten wie Otis Redding stellten. Am Samstag ist Charles Bradley an den Folgen eines Magenkrebses verstorben. Er wurde 68 Jahre alt. "Sein Herz", twitterten Musikerkollegen, "war zu groß für diese Welt."