Kommentar:Das Forum allein reicht nicht

Nach spektakulären Fällen wie dem Abriss des Giesinger Uhrmacherhäusls ist Denkmalschutz kein Nischenthema mehr. Er gehört zu den essenzielle Fragen der Stadtgesellschaft, an denen die Münchner interessiert sind

Von Thomas Kronewiter

Populistische Politiker nutzen die Gunst der Stunde, um sich in einem minder spektakulären Fall durch eine besonders harte Haltung zu profilieren. So könnte man die Ablehnung eines Umbauantrags aus der Bogenhauser Gaertner-Klinik verstehen. Man kann sich aber auch darüber freuen, dass zuletzt besonders krasse Denkmalschutz-Fälle wie etwa die Gründerzeithäuschen an der Schwabinger Sailerstraße, die Nachnutzung der alten Tierklinik an der Königinstraße, die Alte Akademie in der Fußgängerzone oder das illegal abgerissene Uhrmacherhäusl in Giesing der Stadt eine neue Sensibilität beschert haben.

Denkmalschutz, also die Bewahrung des historisch Wertvollen, im Spannungsfeld zwischen den berechtigten Interessen von Eigentümern einerseits, dem Wunsch einer Anteil nehmenden Öffentlichkeit nach Bewahrung andererseits - das war lange ein Thema für Experten. Denkmalschutz stand lange für politische Eingriffe wie an der Kolbergerstraße in Bogenhausen, für Ortstermine unter weitgehendem Ausschluss der Bevölkerung. Dass es auch anders geht, dass es anders viel mehr Sinn macht, weil es die Akzeptanz fördert oder gar erst herstellt, praktiziert nicht zuletzt das Münchner Forum als Diskussionsverein seit Jahrzehnten - mit enormem Elan und mit zunehmend mehr Interessenten.

Den Münchnern ein Forum für essenzielle Fragen der Stadtgesellschaft zu bieten, diese kühne Idee von Bürgerbeteiligung hat in den vergangenen Jahren zunehmend Schule gemacht. Nicht von ungefähr lädt das städtische Planungsreferat inzwischen nahezu routinemäßig zu Workshops und Mitgestaltungsrunden ein - vor allem bei Neubauvorhaben. Dass auch der Streit um den Denkmalschutz, seine Anwendung, Ausnahmen von der Regel und das rechte Maß ins Licht der Öffentlichkeit gehören und nicht bloß in Behördenstuben und Wirtshaus-Hinterzimmer, ist dieser Tage unübersehbar.

Die Forderung ist leicht erhoben, doch das Angebot allein schafft noch keine Streitkultur. Damit ernsthaft, mit Niveau und Gewinn gerungen werden kann, braucht es Diskussionsteilnehmer und ein interessiertes Publikum. Das gilt für die Bezirksausschuss-Abende im Wirtshaus ebenso wie für Podiumsveranstaltungen des Münchner Forums und die Debatten im Rathaus-Sitzungssaal. Nicht nur im Wahlkampf.

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