Haftbefehle im Fall Mannichl:Münchner Nazi-Ehepaar in Haft

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Fall Mannichl: Haftbefehl gegen ein Münchner Ehepaar wegen Beihilfe zum versuchten Mord. Nach dem mutmaßlichen Täter wird gefahndet.

M. Hägler, S. Wimmer und B. Kastner

Nach dem offensichtlich von Rechtsradikalen verübten Mordanschlag auf Passaus Polizeidirektor Alois Mannichl wird seit dem späten Mittwochabend bundesweit nach dem mutmaßlichen Täter gefahndet. Staatsanwaltschaft und Polizei in Passau gaben einen Aufruf heraus, in dem nach einem 25 bis 35 Jahre alten Mann gesucht wird, der etwa 1,90 Meter groß ist. Er soll bayerischen Dialekt eventuell mit österreichischem Einschlag sprechen.

Alois Mannichl, Passauer Polizeichef. (Foto: Foto: AP)

Die Ermittler hätten zudem Erkenntnisse zu einer weiteren Person zusammengetragen, die sich am Samstag in Fürstenzell aufgehalten habe, hieß es. Nicht ausgeschlossen werden könne jedoch, dass es sich bei beiden Beschreibungen unter Umständen um ein und die selbe Person handele. Außerdem wurde gegen das Münchner Ehepaar, das bereits am Dienstag festgenommen worden war, Haftbefehl wegen Beihilfe zum versuchten Mord erlassen.

Die 22-jährige Sabrina H., die verdächtigt wird, sich am Tattag in der Nähe von Mannichls Wohnung in Fürstenzell aufgehalten zu haben, und ihr 33-jähriger Ehemann Manuel sind aktive Mitglieder in der Münchner Neonazi-Szene. Außerdem sind sie in der Vergangenheit bei diversen rechtsextremen Aktivitäten in Passau in Erscheinung getreten.

Markante Täterbeschreibung

Die Täterbeschreibung, die Mannichl nach der Messerattacke abgab, muss ziemlich markant gewesen sein. Demzufolge handelt es sich bei dem Täter um einen glatzköpfigen, etwa 1,90 Meter großen Mann. Außerdem habe er eine große Tätowierung oder ein Muttermal hinten am Hals.

In Begleitung dieses Mannes ist die 22-jährige Münchnerin angeblich in Fürstenzell gesehen worden. Am Dienstagnachmittag wurde im Münchner Polizeipräsidium lange beraten, dann entschloss man sich zum Zugriff: Nach SZ-Informationen fingen Beamte in Zivil das Ehepaar vor ihrer Wohnung im Münchner Stadtteil Sendling ab und nahmen die beiden mit ins Polizeipräsidium.

Dort wurden sie von Beamten des Staatsschutzes zunächst als Zeugen befragt. Angeblich soll ihnen ein Bekannter aus der rechtsextremen Szene ein Alibi für die Tatzeit gegeben haben. Die Ermittler zweifeln aber offenbar an dessen Wahrheitsgehalt. Als sich der Mann nicht mehr äußern wollte, wurde er in Beugehaft genommen. Zudem wurde eine Freundin des Mannes festgenommen. Die junge Frau hatte in ihrer Wohnung laut Skinhead-Musik gehört. Als sich ein Nachbar beschwerte, konterte die 20-Jährige, er wisse ja, wie es Mannichl ergangen sei.

Sabrina H. und ihr Mann wurden zu Vernehmungen nach Passau gebracht. Das Ehepaar H. zählt SZ-Informationen zufolge zu den aktivsten Mitgliedern der Münchner Neonazi-Szene. Manuel H. ist Mitglied der Freien Nationalisten und nahm mit seiner Frau immer wieder an Aktionen der Rechten teil. Der Mann falle durch eine "extrem antisemitische" Einstellung auf, sagt ein Kenner der Szene.

Als Neonazis nach der Beerdigung des Rechtsextremen Friedhelm Busse im Juli in Passau, bei der eine Reichskriegsflagge mit Hakenkreuz ins offene Grab gelegt wurde, in der Stadt demonstrierten, marschierte der 33-Jährige an der Spitze. Und als die Freien Nationalisten in einem "Heldengedenkmarsch" durch München zogen, war H. auch dabei.

"Du trampelst nimmer auf den Gräbern unserer Kameraden herum"

Möglicher Anlass für das Attentat auf Mannichl könnte dessen couragiertes Auftreten beim Volkstrauertag im November in Passau gewesen sein. Auf dem Grabfeld des Innenstadtfriedhofs gedenken Jahr für Jahr Stadt und Verbände wie der VdK den Gefallenen der Weltkriege. Dieses Jahr hatte sich bei der Feier auch ein halbes Dutzend Rechtsextremer eingefunden, angeführt vom NPD-Kreischef Martin Gabling. Gehüllt in einen grünen Polizeimantel, mit entschlossenem Blick stellte sich der Passauer Polizeichef direkt vor die Gruppe - und berührte wohl auch die Grabplatten von zwei Soldaten.

Als der Attentäter am Samstagabend auf Mannichl einstach, rief er: "Du trampelst nimmer auf den Gräbern unserer Kameraden herum." Nach der Feier am Volkstrauertag wurde der Polizeichef wegen seiner angeblichen Heldenschändung geschmäht.

"Verärgert stellte sich Mannichl auf eine Grabplatte gefallener Soldaten und trampelte mit seinen Schuhen auf einem Gedenkgesteck herum", hieß es auf rechtsextremen Internetseiten. Zivilrechtlich erließ Mannichl eine Einstweilige Verfügung gegen die Passage - und erstattete Strafanzeige wegen Verleumdung und Beleidigung.

© SZ vom 18.12.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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