Urteil in Augsburg:Für das Gericht ist Linus Förster als Politiker "erledigt"

Prozess gegen Ex-Landtagsabgeordneten Förster

Mehr als 30 000 Euro zahlte Linus Förster den Betroffenen in einem Täter-Opfer-Ausgleich.

(Foto: dpa)
  • Der ehemalige SPD-Politiker Linus Förster ist vom Landgericht Augsburg zu einer Haftstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden.
  • Förster wurde wegen schweren sexuellen Missbrauchs in zwei Fällen, Missbrauchs Widerstandsunfähiger, heimlicher Bildaufnahmen sowie wegen des Besitzes von Kinderpornos schuldig gesprochen.
  • Zugunsten Försters wertete das Gericht unter anderem sein Geständnis und den Umstand, dass er nicht vorbestraft ist.

Von Christian Rost, Augsburg

Linus Förster nimmt das Urteil mit versteinerter Miene auf. Drei Jahre und zehn Monate muss der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete ins Gefängnis. Die Jugendkammer am Augsburger Landgericht hat den 52-Jährigen am Freitag wegen schweren sexuellen Missbrauchs in zwei Fällen, Missbrauchs Widerstandsunfähiger, heimlicher Bildaufnahmen sowie wegen des Besitzes von Kinderpornos schuldig gesprochen. Mit seiner ständigen Suche nach dem "besonderen Kick durch Grenzüberschreitungen", so der Vorsitzende Richter der Jugendkammer, Lenart Hoesch, hat Förster sein Leben ruiniert und seinen Opfern großes Leid angetan.

Hoesch beschreibt den Angeklagten als einen narzisstischen Mann, der in zahlreichen Affären mit deutlich jüngeren Frauen Bestätigung suchte und seine Eroberungen als "Trophäen" betrachtete. "Beuteschema: blond, klein, zierlich", fasst Hoesch Försters Vorlieben zusammen. Feste Beziehungen hätten ihn eingeengt.

Förster wuchs in Augsburg auf - in einer normalen Familie oder "in geordneten Verhältnissen", wie Juristen sagen. Er studierte Politikwissenschaften, legte ein sehr gutes Examen ab und promovierte. Seinen Drang, im Vordergrund zu stehen, lebte er als Frontmann einer Band aus sowie bei seinem Engagement im Stadtjugendring und in der Politik. 2003 zog er für die SPD in den Landtag ein und war jugendpolitischer Sprecher der Fraktion. Im Herbst 2016, als die Ermittlungen gegen ihn wegen mehrerer Sexualdelikte anliefen, legte er sein Mandat nieder und gab sein Parteibuch zurück.

Eine Prostituierte hatte ihn angezeigt, weil er sie heimlich beim Sex filmen wollte. Die Ermittlungen brachten dann eine Seite Försters ans Licht, die niemand kannte. Zwar hatten ihn Fraktionskollegen gelegentlich aufgefordert, seinen Lebenswandel zu ändern und seriöser aufzutreten.

Dass Förster regelrecht besessen war von Sex und auch Zehntausende Pornos hortete, das wusste nur er selbst. Einige Filme, die in seiner Wohnung und seinem Büro in Augsburg auf sieben Festplatten gefunden wurden, waren selbst gedreht; sie zeigen zum Beispiel, dass Förster eine frühere Freundin missbrauchte, die ein starkes Schlafmittel eingenommen hatte und sich nicht wehren konnte.

Es tue ihm "fürchterlich leid", sagte er in seinem letzten Wort

Mit einer Videokamera hatte er sich auch heimlich beim Verkehr mit anderen Frauen gefilmt. Und bei mehr als 1300 Bildern und Videos auf seinen Festplatten handelt es sich um Kinderpornos. Dass er dieses Material aus dem Internet heruntergeladen und auch in Ordnern gespeichert hatte, gestand Förster bereits zum Prozessauftakt. Er sagte aber, er habe nicht absichtlich danach gesucht. Er sei nicht pädophil, solche Darstellungen finde er ekelhaft.

Ein Gutachter konnte vor Gericht nicht ausschließen, dass Förster die Kinderpornos tatsächlich nicht absichtlich heruntergeladen hatte, als er im Netz nach Pornos suchte. Besessen hat er die verbotenen Aufnahmen aber gleichwohl. Gestanden hat Förster auch den Missbrauch der Frauen. Es tue ihm "fürchterlich leid", sagte er in seinem letzten Wort. Mehr als 30 000 Euro zahlte er den Betroffenen in einem Täter-Opfer-Ausgleich.

Das Geständnis und die Entschädigung bewahrten ihn vor einer härteren Strafe, wie sie Staatsanwältin Martina Neuhierl forderte. Aus ihrer Sicht hatte er vor Gericht sein Handeln beschönigt und die Folgen für die Opfer kleingeredet. Zudem warf sie ihm vor, dass er vor seiner Festnahme Zeuginnen beeinflussen wollte. Die Anklägerin forderte vier Jahre und neun Monate Haft. Verteidiger Walter Rubach betonte, Förster habe "alles gestanden, was es zu gestehen gab", und verlangte zwei bis maximal drei Jahre Haft.

Zugunsten Försters wertete das Gericht sein Geständnis und den Umstand, dass er nicht vorbestraft ist. Außerdem befindet er sich bereits seit zehn Monaten in Untersuchungshaft. "Ganz erheblich" fiel für die Kammer außerdem ins Gewicht, dass er seine gesamte berufliche Existenz und Reputation verloren habe. Der ehemalige Politiker sei "erledigt", so Hoesch.

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