Großbritannien:May ahnt, dass sie verloren hat

Die Rede der britischen Premierministerin hätte ein Befreiungsschlag sein sollen. Aber sie wurde zum Sinnbild für ihre Schwäche.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Theresa May hat am Mittwoch auch ihren schärfsten Gegnern leidgetan, als ihr während ihrer wichtigen Parteitagsrede minutenlang die Stimme fehlte. Selbst illoyale Kabinettsmitglieder, die auf dem Parteitag der Tories zuvor ihre Messer gewetzt hatten, applaudierten besonders lang, um ihr Zeit zu geben, sich zu fassen.

Es hat nichts geholfen. Zum Schluss der quälenden Partie war May erkennbar unglücklich; ihre Rede hätte ein Befreiungsschlag werden sollen, und wurde doch zur Metapher für ihre Schwäche.

Allerdings ist es nie eine Rede allein, die über das politische Überleben entscheidet. May war angeschlagen und sie wird es bleiben, bis sie scheitert, aufgibt oder sich jemand aus der Deckung wagt.

Dieser Zeitpunkt dürfte bald kommen, denn neben Mays Stimmproblem war es vor allem der fast schon pathologisch nachlässige und zugleich großspurige Umgang mit dem Thema Brexit, der diesen Parteitag gekennzeichnet hat. Keine Ernsthaftigkeit, keine Details, keine Expertise, nur Beschwörungen.

Es hätte nur noch gefehlt, dass eine Kompanie der britisch-indischen Armee eingeritten wäre - um der alten, großen Zeiten willen. May hatte dem nichts entgegenzusetzen. Es ist fraglich, ob sie ein konstruktives, realistisches Konzept für ein Königreich außerhalb der EU hat. Auch deshalb redet sie neuerdings von einem Exit ohne Deal. Sie ahnt, dass sie verloren hat.

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