Steueranwalt Hanno Berger:Mister Cum-Ex im Schweizer Exil

Steueranwalt Hanno Berger: Sieht sich als Kämpfer für "bürgerliche Freiheitsrechte", der den "außer Kontrolle geratenen Behörden" Einhalt gebieten müsse: Hanno Berger.

Sieht sich als Kämpfer für "bürgerliche Freiheitsrechte", der den "außer Kontrolle geratenen Behörden" Einhalt gebieten müsse: Hanno Berger.

(Foto: oh)

Steueranwalt Hanno Berger sieht sich als Kämpfer für "bürgerliche Freiheitsrechte" - und ist wegen Cum-Ex-Geschäften in Millionenhöhe angeklagt. Aber wird er überhaupt zum Prozess erscheinen?

Von Klaus Ott

Der aus Hessen stammende und seit Jahren in der Schweiz lebende Steueranwalt Hanno Berger kann sich im Gespräch mit Journalisten stundenlang empören über deutsche Staatsanwälte, die ihn zu gnadenlos verfolgten. Die dafür sorgten, dass sich die Bundesrepublik zu einem "Unrechtsstaat" entwickele. Den Ermittlern selbst soll er sogar gesagt haben, das Vorgehen gegen ihn weise "faschistische" Züge auf. So steht es in einem Vermerk des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen zu einer Durchsuchung von Bergers Haus im Oktober 2014 im hessischen Schlüchtern. Da hatte sich der trickreiche und gewiefte Jurist längst ins Oberengadin abgesetzt, ließ es sich aber offenbar nicht nehmen, seine Widersacher via Telefon zu attackieren.

Demnächst wollen die Ermittler von Angesicht zu Angesicht mit dem Exilanten streiten. Im wohl ersten Prozess um mutmaßlich kriminelle Aktiendeals, mit denen Banken, Börsenhändler und Steueranwälte dem deutschen Fiskus insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro gestohlen haben sollen. Die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft hat beim Landgericht Wiesbaden Anklage erhoben gegen Berger und frühere Aktienhändler der Hypo-Vereinsbank (HVB). Der Vorwurf lautet auf Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. Berger, 66, gilt als einer der Hauptakteure bei Cum-Ex-Geschäften.

Berger machte Karriere beim Fiskus, bevor er die Seiten wechselte

Das steht für den Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende; mit dem Ziel, sich eine nur einmal an den Fiskus abgeführte Kapitalertragsteuer mehrmals erstatten zu lassen. Eine Gelddruckmaschine, gewissermaßen. Was aber ist, wenn Berger als Mr. Cum-Ex gar nicht zum Prozess kommt, sofern das Landgericht Wiesbaden ein Verfahren eröffnet? Wenn er darauf setzte, dass die Schweiz ihn nicht ausliefert; um nicht Gefahr zu laufen, im Gefängnis zu landen. Ein Prozess ohne Berger, das wäre ein herber Rückschlag für die Strafverfolger, die jahrelang in mühevoller Kleinarbeit Millionen Aktiendeals durchleuchtet haben.

Berger hat Karriere beim Fiskus in Hessen gemacht und es dort sogar zum Regierungsdirektor gebracht, bevor er die Seiten wechselte. Und fortan Millionären und Milliardären bis hin zur Familie Quandt (BMW) half, möglichst wenig Abgaben zu zahlen. Alles sehr erfolgreich, alles ganz legal.

Bergers Anwalt, FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, spricht von "Gesinnungsstrafrecht"

Dann aber soll es der von seinen ehemaligen Kollegen als Gegner gefürchtete Jurist übertrieben haben. Eben mit Cum-Ex-Deals zu Lasten der Staatskasse, die bei vielen Großbanken zum Geschäftsmodell gehörten. Berger hat nach Erkenntnissen der Ermittler diese Deals nicht erfunden. Er soll sie aber verfeinert und selbst dann noch vorangetrieben haben, als immer mehr Banken diese Geschäfte längst zu heiß geworden seien, berichten Insider. Berger selbst streitet kriminelles Agieren vehement ab und hat gleich drei erfahrene und kampfeslustige Anwälte angeheuert. Norbert Gatzweiler, Gerson Trüg und Wolfgang Kubicki.

Letzterer hat im Zweitberuf als Politiker sehr geholfen, die FDP wiederzubeleben. Im Fall Berger hat Kubicki frühzeitig von "Gesinnungsstrafrecht" gesprochen. Steueroptimierung bei Cum-Ex-Geschäften sei bis 2012 nicht verboten gewesen, so Kubicki. Der Bund habe aus "unerfindlichen Gründen" zehn Jahre gebraucht, um eine Steuerlücke zu schließen. Berger mit Kubicki an seiner Seite bei Gericht gegen den Staat, das wäre ein Spektakel. Erst einmal aber wollen Bergers Anwälte mit ihrem Mandanten beraten, wie man weiter vorgehe. Geplant ist ein Treffen in der Schweiz; auf vorerst sicherem Terrain also.

Aber käme Berger denn nun zu einem Prozess in Deutschland? Er werde sich "dem Verfahren auch weiterhin" stellen, antwortet Anwalt Trüg ausweichend. Und zu der angeblichen Faschismus-Aussage seines Mandanten schreibt Trüg, Berger habe daran keinerlei Erinnerung und halte es für unwahrscheinlich, dass diese Äußerung gefallen sei.

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