Öffentliche Fahndung:Missbrauchtes Mädchen - Tatverdächtiger aus dem persönlichen Umfeld gefasst

  • In Niedersachsen ist ein 24-jähriger Mann festgenommen worden, dem schwerer sexueller Missbrauch eines kleinen Mädchens vorgeworfen wird.
  • Der Tatverdächtige soll ein vier Jahre altes Mädchen von Oktober 2016 bis Juli 2017 sexuell missbraucht und Bilder davon ins Darknet gestellt haben.
  • Ermittler fahndeten öffentlich mit Opfer-Fotos nach dem Täter, weil alle anderen Maßnahmen nicht erfolgreich gewesen waren.

Es ist ein Fall von außergewöhnlicher Brutalität - und ein Fall, in dem die Ermittler bei der Aufklärung außergewöhnliche Wege gehen. Ein Mann missbraucht ein vier Jahre altes Mädchen sexuell und stellt Bilder und Videos davon ins Darknet. Nun wandten sich die Behörden mit Fotos des Opfers an die Öffentlichkeit - offenbar mit Erfolg. Ein 24-Jähriger aus Niedersachsen wurde am Montagabend festgenommen. Er soll noch heute dem Haftrichter vorgeführt werden.

"Dank Ihrer Hilfe konnten Opfer und Täter identifiziert werden", teilte das Bundeskriminalamt (BKA) bereits am Montagabend mit. Wenige Stunden zuvor hatten sich die Ermittler mit einer ungewöhnlichen Aktion an die Öffentlichkeit gewandt: Weil alle bisherigen Fahndungsmaßnahmen nicht zur Identifizierung des Täters geführt hatten, der viel Aufwand betrieb, um nicht entdeckt zu werden, wurden Missbrauchsfotos des Opfers veröffentlicht, um Hinweise aus der Bevölkerung zu bekommen.

Der bis dahin noch unbekannte Tatverdächtige soll das Mädchen mehrfach schwer sexuell missbraucht und Aufnahmen seiner Taten verbreitet haben. Er stamme aus dem persönlichen Umfeld des kleinen Kindes, sagte Oberstaatsanwalt Georg Ungefuk, Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT). Der Verdächtige sei "kein Unbekannter der Familie" gewesen. In der Wohnung des Mannes seien Beweismittel sichergestellt worden, teilten das Bundeskriminalamt (BKA) und die Generalstaatsanwaltschaft mit, ohne weitere Details zu nennen. Das Mädchen ist mittlerweile wieder in der Obhut der Mutter. Es soll der Vierjährigen den Umständen entsprechend gut gehen.

Die Bild- und Videoaufnahmen wurden erstmalig im Juli 2017 auf einer kinderpornografischen Plattform im sogenannten Darknet entdeckt. Die Ermittler gehen davon aus, dass die Taten zwischen Oktober 2016 und Juli 2017 in Deutschland stattgefunden haben. Vom Tatverdächtigen selbst gab es keine Bild- oder Videoaufnahmen.

Das Amtsgericht Gießen hatte die ungewöhnliche Öffentlichkeitsfahndung mit Bildern des Opfers angeordnet, weil die Ermittler Anhaltspunkte dafür hatten, dass das Mädchen weiterhin missbraucht wird. "Das ist die letzte Maßnahme, um den Täter zu identifizieren. Darauf greifen wir nur zurück, wenn alle anderen Möglichkeiten nicht zum Ziel geführt haben." Das BKA bat darum, Bilder des Kindes, die während der Fahndung online geteilt wurden, aus Gründen des Opferschutzes nun zu löschen. Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das BKA hatten gemeinsam nach dem Mann und seinem Opfer gefahndet.

Die Kinderporno-Szene spielt sich nach Einschätzung von Ermittlern mittlerweile überwiegend im Darknet, dem verborgenen Teil des Internets, ab. Dort können sich Internetnutzer fast komplett anonym bewegen. Dieser Bereich des Internets wird von Menschen genutzt, die in einem repressiven politischen System leben und sich schützen wollen, die viel Wert auf Privatsphäre legen - aber auch von Kriminellen.

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