Hochschulen:Wunsch und Wirklichkeit

Ein Job an der Uni? Sollte man sich gut überlegen. Dem wissenschaftsunterstützenden Personal attestiert eine Studie erschwerte Bedingungen.

Von Susanne Klein

Sie beraten Studierende, betreiben hochkomplexe Bibliotheken, halten Labore und Rechenzentren am Laufen. Sie kämpfen mit anspruchsvoller oder veralteter Haustechnik und einer endlosen Flut an Verwaltungsaufgaben. Etwa 160 000 Menschen - mehr als die Hälfte hat studiert, zwei Drittel sind Frauen - unterstützen an deutschen Hochschulen den Lehr- und Wissenschaftsbetrieb, der ohne sie im Chaos versänke. Ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren gestiegen, aber längst nicht so stark wie die Zahl der Studenten und Wissenschaftler, um die sie sich kümmern. Trotzdem wird von ihren Belangen selten gesprochen. Die Arbeitssituation junger Forscher und Lehrender sorgt dagegen regelmäßig für Diskussionen, und Studien zeigen auch warum: Kurzzeitjobs und mies bezahlte Teilzeitstellen machen dem Wissenschaftsnachwuchs das Leben oftschwer.

Die Aufmerksamkeit ist also ungerecht verteilt. Diese Lücke haben Forscher der Humboldt-Universität und der Technischen Universität in Berlin in einem dreijährigen Projekt nun weitgehend geschlossen. Gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung, befragten sie online 2500 wissenschaftsunterstützende Beschäftigte an 21 Hochschulen in zwölf Bundesländern. Fallstudien, Statistiken und Interviews ergänzen die 230-seitige Studie, die diesen Montag vorgestellt wird.

"Als großes Problem hat sich das Thema Befristung erwiesen, da sehen wir Handlungsbedarf", sagt Michaela Kuhnhenne, Referentin für Forschungsförderung bei der Hans-Böckler-Stiftung. Laut Studie beträgt der Anteil der befristet Beschäftigten 23 Prozent. Das ist zwar weit weniger als beim Wissenschaftspersonal (70 Prozent), aber deutlich mehr als in der übrigen Arbeitswelt (14 Prozent). "Viele Stellen hängen von kurzfristigen Projektgeldern ab, aber wenn wir uns anschauen, was die Leute tun, zum Beispiel die Betreuung von Studenten verbessern, fragen wir uns: Sind das nicht Daueraufgaben?", sagt Kuhnhenne. Hinzu kommt: Nur sechs Prozent der Befragten will die Befristung, der Rest hätte gern eine Stelle ohne Ablaufdatum.

Auch bei der Frage Teilzeit oder Vollzeit klaffen Wirklichkeit und Wunsch auseinander. 38 von hundert Beschäftigten arbeiten in Teilzeit, knapp die Hälfte der Befragten würde lieber mehr arbeiten. Noch größer ist der Unterschied beim Gehalt: 79 Prozent wünschen sich "ein hohes Einkommen", nur 23 Prozent geben an, es auch zu bekommen. Das scheint besonders Sekretärinnen zu betreffen: Mehr als jede zweite mit Vollzeitstelle hat noch einen Nebenjob. Und das, obwohl Sekretärinnen heute oft qualifizierte Sachbearbeiterinnen sind - aber eben immer noch bezahlt werden wie die Schreibkraft von gestern. Ein Großteil der Hochschulen müsste die Eingruppierung von Sekretärinnen in Tarifgruppen "dringend aktualisieren", so Kuhnhenne.

Die Digitalisierung, die neuen Studien- und Verwaltungsstrukturen und die Jagd auf Drittmittel haben die Hochschulwelt massiv verändert. Besonders die Bürokratie nervt viele Angestellte. Früher habe sie, um einen Euro auszugeben und nachzuweisen, drei Formulare gebraucht, berichtet eine Buchhalterin. Heute braucht sie zwölf. Zwar hilft das digitale Büro, den Boom der Unis zu bewältigen, die Masse an Lehrmodulen und Prüfungen seit der Bologna-Reform etwa. Aber es fordert auch stetig neues Know-how und Toleranz gegenüber der Eintönigkeit automatisierter Prozesse.

Am 13. November wird sich die Gewerkschaft Verdi mit dem wissenschaftsunterstützenden Personal befassen. Dann kommen auch die Forscher mit ihrer Studie zu Wort. Immerhin etwas Gutes werden sie berichten können: Die meisten Befragten mögen das selbständige Arbeiten, die flachen Hierarchien und finden ihre Tätigkeit interessant und sinnvoll.

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