Psychologie:Woher die Angst vor Spinnen kommt

  • Die abwehrende Haltung gegenüber Schlangen und Spinnen ist vermutlich evolutionär bedingt.
  • Wie eine neue Studie zeigt, ist die Furcht tief im menschlichen Gehirn verankert.
  • Neurowissenschaftler zeigten dafür sechs Monate alten Babys Bilder der Tiere und interpretierten ihre Reaktion.

Von Jonathan Ponstingl

Die Angst vor Spinnen und Schlangen ist offenbar angeboren, berichten Wissenschaftler um Stefanie Höhl vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig im Fachblatt Frontiers in Psychology. Die Wissenschaftler zeigten sechs Monate alten Babys Fotos von Blumen und Fischen ebenso wie von Schlangen und Spinnen. Die Reaktionen der Kinder lasen sie an der Veränderung der Pupillen ab. Auf die Bilder von den Krabbel- und Kriechtieren reagierten die Babys mit deutlich vergrößerten Pupillen, eine Stressreaktion.

Spinnenphobien können sehr ausgeprägt sein; wer bei einem Familienurlaub schon ganze Zelte nach Krabbeltieren abgesucht hat, weiß das genau. Auch die Vorstellung, über eine im Gras versteckte Schlange zu stolpern, kann ansonsten besonnene Menschen in helle Panik versetzen. Das Paradoxe: In Deutschland lebt keine Spinnenart, die dem Menschen gefährlich werden könnte, und gerade einmal zwei Schlangenarten sind giftig. Die Chance, auf sie zu treffen, ist äußerst gering. Woher also rührt diese weitverbreitete Angst?

Der Ursprung der Angst reicht Jahrmillionen zurück

"Wir gehen davon aus, dass die Angst vor Schlangen und Spinnen einen evolutionären Ursprung hat", sagt Höhl. Schließlich hatten die sechs Monate alten Babys noch kaum Gelegenheit, sich die Angst von ihren Eltern abzuschauen. Entsprechende Mechanismen müssten demnach von Geburt an im Gehirn verankert sein.

Höhl vermutet, dass die Reaktion auf die Tiere ihren Ursprung schon vor 40 bis 60 Millionen Jahren hatte, als sich evolutionär die ersten Primaten entwickelten. Das könnte auch erklären, weshalb Babys auf Bilder von Bären oder anderen für den Menschen gefährlichen Tieren nicht mit Angst reagieren - Bären entwickelten sich beispielsweise erst später in der Evolution. Weil die Vorfahren des Menschen schon vor vielen Millionen Jahren mit gefährlichen Reptilien und Spinnen koexistierten, könnte sich die Reaktion über einen sehr langen Zeitraum im Gehirn festgesetzt haben. Die Furcht vor den Tieren war demnach eine Schutzfunktion, die den Mensch vor Gefahren in seiner Umgebung bewahren sollte.

Ein gewisser Respekt vor Spinnen und Schlangen ist dem Menschen also angeboren. Bis zu einer ausgewachsenen Spinnenphobie, wie sie insbesondere manche Erwachsene zeigen, ist es allerdings noch recht weit. Hier spielt auch Erziehung eine Rolle. Eine panische Angst der Eltern beeinflusst die Bewertung von Gefahren. Kinder können so bestimmten Tieren eine erhöhte Aufmerksamkeit zukommen lassen, da sie über die Reaktion der Eltern ein erhöhtes Gefahrenpotential vermuten.

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