Regionalliga:FC Bayern II beendet das blau-weiße Sommermärchen

TSV 1860 München - Bayern München II

Umkämpftes Derby: Die Bayern-Spieler Maxime Awoudja (Mitte) und Christian Früchtl hindern Sechzigs Nico Karger (rechts) am Torschuss.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Der FC Bayern II besiegt im Regionalliga-Derby den TSV 1860 München mit 1:0 und fügt dem Zweitliga-Absteiger die erste Heimniederlage zu.
  • "Du musst auch mal den Regen verkraften", sagt Sechzig-Trainer Daniel Bierofka.

Aus dem Stadion von Christoph Leischwitz

Man könne nicht immer in der Sonne stehen, sagte Daniel Bierofka nach dem Spiel, "du musst auch mal den Regen verkraften". Passenderweise hatte es kurz vor den Worten des Trainers von 1860 München gerade zu tröpfeln begonnen über dem Grünwalder Stadion. Es war ja schon zu einem gewohnten Bild geworden im Laufe dieser Regionalliga-Saison: Spieler in blauen Trikots, die in der Westkurve auf dem Zaun stehen und mit den Fans feiern. Diesmal aber feierten Spieler in roten Trikots auf dem Zaun vor der Ostkurve, dort, wo normalerweise gar nichts los ist. 0:1, knapp, aber eben recht deutlich in seiner Bedeutung. Es war die erste Saison-Heimniederlage der Sechziger, ausgerechnet im Derby. Viele Zuschauer verließen fluchtartig das Stadion, alles wirkte ein bisschen wie das Ende eines weiß-blauen Sommermärchens.

In den vergangenen Jahren trugen die zweiten Mannschaften der Klubs das Derby aus, so gut wie immer war es als ein Spiel auf Augenhöhe deklariert worden. Diesmal traf Sechzigs Erste mit 16 Punkten Vorsprung auf Bayerns Zweite. Löwen-Trainer Bierofka hatte es geahnt: "Mich interessiert die Tabelle nicht, nur das Spiel davor." In diesem hatte der FCB II in Rosenheim 2:0 gewonnen und dabei zum ersten Mal seit Langem wieder souverän gespielt.

Es war den emotionalen Umständen entsprechend weitgehend ruhig geblieben im Vorfeld, abgesehen davon, dass offensichtlich Bayern-Ultras in der Nähe der Westtribüne eine Rauchbombe deponiert hatten, um die Sechzig-Fans zu provozieren - diese wurde rund zwei Stunden vor dem Spiel gefunden. Der größte Affront im Stadion bei diesem Heimspiel der Sechziger kam vom Band, als "Bayern" von den Toten Hosen abgespielt wurde. Natürlich sangen Tausende Fans in Blau lauthals mit; sie hatten ein klares akustisches Übergewicht.

Das Spiel selbst allerdings verlief wie in den vergangenen Jahren: auf Augenhöhe. Bayerns Trainer Tim Walter hatte vor dem Spiel angekündigt, dieses "kontrollieren" zu wollen, er zeigte sich später ein wenig überrascht: "Ich habe Sechzig nicht so tief erwartet." Bierofka erklärte, er habe auf "Umschaltmöglichkeiten" lauern wollen, eine der großen Stärken der Löwen in den vergangenen Monaten. Heraus kam aber ein Spiel, das gemessen an den Torchancen in der ersten Halbzeit recht ausgeglichen war.

In der elften Minute sorgte Sechzigs Nicholas Helmbrecht mit einem beherzten Sprint auf der rechten Außenbahn für erste Aufruhr im Bayern-Strafraum, doch Sascha Mölders brachte die Flanke per Kopf nicht aufs Tor; in der zwölften Minute sorgte Bayerns Raphael Obermair mit einem beherzten Sprint auf der linken Seite für erste Aufruhr im Sechzig-Strafraum, doch Fabian Benko sprang die Hereingabe an den Oberschenkel und von dort ins Toraus. Die meiste Zeit neutralisierten sich die beiden Teams durch viel Laufarbeit.

1860 führt nur noch mit sechs Punkten Vorsprung die Tabelle an

Nach der Pause zeigte der Favorit dann aber deutlich mehr Zug zum Tor, Bayerns junger Keeper Christian Früchtl geriet immer mehr ins Blickfeld. Zunächst klärte er außerhalb des Sechzehners knapp vor Nico Karger (48.), dann wehrte er aus kurzer Distanz einen Flachschuss von Mölders ab (56.). In der 62. Minute wäre der 17-Jährige allerdings machtlos gewesen, als Markus Ziereis aus zentraler Position knapp am Tor vorbeischoss. Der Offensivspieler der Löwen fand aufgrund des Chancenplus nach dem Seitenwechsel auch nicht, dass der Sieg der Bayern verdient gewesen sei. "Wir haben fast nichts zugelassen", ärgerte sich auch Sechzigs Abwehrchef Jan Mauersberger.

Doch es bot sich nicht nur bei den Feiereien nach dem Spiel ein ungewohntes Bild, sondern auch auf dem Spielfeld: Die Sechziger spielten nicht so souverän wie sonst, Bayern hielt vor allem körperlich dagegen. "Ich bin deshalb zufrieden, weil wir alles reingehauen haben", sagte Walter später. Gelegentlich brachte sein Team die Abwehr der Löwen sogar ins Schwimmen, in der 74. Minute war es dann soweit: Kwasi Wriedt konnte auf der linken Seite unbedrängt flanken, am zweiten Pfosten stand Fabian Benko völlig frei und schob ebenso unbedrängt ein.

Mölders vergibt kurz vor Schluss den Ausgleich

Die Schlussphase verlief erwartungsgemäß hektisch, Sechzigs Nicholas Helmbrecht sah die rote Karte für eine Grätsche gegen den eingewechselten Franck Evina, direkt vor der Bayern-Bank. Bayerns Maxime Awoudja musste von Krämpfen geplagt vom Feld, in der fünften Nachspielminute hätte Mölders bei einem hohen Ball beinahe noch den Ausgleich erzielt. Doch der starke Marco Friedl drosch den Ball weg und begann schon einmal mit dem Jubeln in Richtung Fans, was dann wenige Minuten später auf dem Zaun fortgeführt wurde.

Für die Bayern war es der emotionale Höhepunkt einer bislang weitgehend verkorksten Saison. Die Sechziger bemühten sich gleich nach dem Spiel, das Ende des Sommers nicht zu trübe anzugehen. "Interessiert mich überhaupt nicht", sagte Mauersberger im Hinblick auf die vertagte Herbstmeisterschaft. "Auf die Tabelle schaue ich nicht so", sagte Bierofka nach der zweiten Niederlage in Serie. Dabei hat 1860 dort immer noch sechs Punkte Vorsprung auf den FC Ingolstadt II. Vor gut einer Woche, als die Sonne noch schien, waren es allerdings doppelt so viele gewesen.

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