Moskau:Besuch bei Fremden

Bundespräsident Steinmeier dürfte im Kreml auf Distanz bleiben.

Von Julian Hans

Sieben Jahre lang hat kein deutsches Staatsoberhaupt Russland besucht. Joachim Gaucks persönliche Geschichte ließ ihn zögern. Sowjetische Besatzer hatten seinen Vater nach dem Krieg unschuldig als angeblichen westlichen Spion in ein sibirisches Lager verschleppt. Hinzu kam die Annexion der Krim, begleitet von einer zunehmend feindlichen Haltung der russischen Führung und der durch sie kontrollierten Medien gegenüber Europa.

Diesen Mittwoch nun wird Gaucks Nachfolger Frank-Walter Steinmeier im Kreml erwartet. Aber wenn dort die Hoffnung bestand, einen unkritischen Freund aus dem Gerhard-Schröder-Umfeld zu empfangen, so bewahrheitet sie sich nicht. Das Bundespräsidialamt legt Wert darauf, dass es sich um einen Arbeitsbesuch handele, nicht um einen Staatsbesuch. Das bedeutet: Es gibt konkret etwas zu tun und etwas zu besprechen. Es werden nicht einfach die guten Beziehungen gefeiert, so als wäre nichts gewesen.

Als Steinmeier im August am Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts in der estnischen Hauptstadt Tallinn zu Gast war, fand er klare Worte: Dass Großmächte Europa in Einflusszonen aufteilen, darf sich nie wiederholen. Wer das Völkerrecht bricht, muss mit dem Widerstand der Europäer rechnen. Das den Esten zu sagen, die Opfer dieser Politik waren, war die einfachere Übung. In Moskau kann Steinmeier zeigen, was diese Worte wert sind.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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