Der Fall Steudtner:Teilweise frei

Protest gegen Prozess in Istanbul

Der Ruf der Demonstranten wurde erhört: Ein Großteil der Angeklagten kommt frei.

(Foto: dpa)

Das Verfahren gegen den deutschen Amnesty-Aktivisten Peter Steudtner galt als Test für die türkische Justiz, bestanden hat sie den zumindest zum Teil.

Kommentar von Christiane Schlötzer

Peter Steudtner ist nicht freigesprochen, aber er ist frei. Er muss nicht länger in Untersuchungshaft bleiben und darf die Türkei sofort verlassen, der Prozess in Istanbul kann ohne den deutschen Angeklagten weitergehen. Für Steudtner ist es das Beste, was unter den gegenwärtigen Umständen passieren konnte. Das Verfahren galt als Testfall für die türkische Justiz, bestanden hat sie den Test jetzt zumindest zum Teil.

Die ganze Anklageschrift gegen Steudtner, den schwedischen IT-Spezialisten Ali Gharavi und neun türkische Menschenrechtler war absurd - und für die angeklagten Türken ist der Horror auch noch nicht zu Ende. Die Ermittler haben ihre Handys und Computer ausgewertet, sie zeichnen aus Mails und Messages das Bild einer großen Verschwörung vieler NGOs gegen den türkischen Staat. Da werden Menschen, die noch den Mut haben, sich mit Traumatisierten, Opfern von Polizeigewalt zum Beispiel, zu befassen, dämonisiert. Das soll auch andere in der Zivilgesellschaft einschüchtern.

Steudtner und Gharavi waren nur zufällig ins staatliche Schleppnetz geraten. Sie waren sozusagen nützlicher Beifang. Weil die Beteiligung von Ausländern die Paranoia in Ankara stützt, der Westen habe sich gegen die Türkei verschworen. Nun war der internationale Druck in diesem Fall offenbar zu groß geworden. Es ist zu hoffen, dass er anhält, bis alle Angeklagten auch freigesprochen sind.

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