EZB:Warum so zögerlich, Herr Draghi?

EZB-Chef Mario Draghi

EZB-Chef Draghi steht zur lockeren Geldpolitik.

(Foto: Bloomberg)

Die EZB will die lockere Geldpolitik nur langsam zurückfahren. Damit nimmt sie weiter in Kauf, dass riskant gewirtschaftet wird.

Kommentar von Marc Beise

Na endlich! Die Europäische Zentralbank hat den Einstieg in den Ausstieg aus ihrer extrem lockeren Geldpolitik beschlossen. Nachdem die Notenbanker in Frankfurt seit drei Jahren mehr als zwei Billionen Euro in die Wirtschaft gepumpt haben, kündigt EZB-Präsident Mario Draghi nun erstmals an, diese Geldspritzen zu halbieren. Das ist immerhin eine Trendwende.

Man kann den Ratsbeschluss vom Donnerstag aber auch anders lesen; das ginge dann so: Die EZB hat die Fortsetzung ihres Wertpapierkaufprogramms über das Jahresende hinaus beschlossen. Bis Dezember wird sie weiter Anleihen im Umfang von 60 Milliarden Euro pro Monat und dann bis mindestens September 2018 im Umfang von immerhin auch noch 30 Milliarden Euro pro Monat kaufen. Von einer Anhebung des Leitzinses, der bei null Prozent liegt, ist nicht die Rede. In ihrem Bemühen, die Wirtschaft anzukurbeln und hoch verschuldeten Euro-Staaten zu helfen, nimmt die EZB weiter Nebenwirkungen in Kauf, die weh tun: Dass auch schlecht funktionierende Unternehmen immer neue Kredite bekommen. Dass das Vermögen der Sparer an Wert verliert und manche Altersvorsorge kollabiert.

Die Risiken wachsen: Menschen kaufen sich Häuser, die sie sich auf Dauer nicht werden leisten können. Euro-Staaten verlieren einen Anreiz, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen. Und an den Kapitalmärkten droht eine Blase. Was, wenn diese platzt?

Gefahren bleiben noch viele Jahre

Und weil die EZB fast nur noch bei den hoch verschuldeten Euro-Staaten ausreichende Volumina für ihre Ankäufe findet, wachsen die Anteile von Ländern wie Italien, Frankreich und Spanien an den EZB-Anleihebeständen weiter. Man kann das monetäre Haushaltsfinanzierung nennen - wozu die unabhängige EZB ganz und gar nicht berechtigt ist.

Die Hüter des Geldes gehen gewaltige Risiken ein, so gewaltig, dass selbst manchen der Akteuren mulmig geworden ist. Deshalb ist es richtig innezuhalten, und das erklärt auch, warum ein steter Kritiker der bisherigen Expansionspolitik, der deutsche Bundesbankpräsident Jens Weidmann, dem Beschluss vom Donnerstag nicht zugestimmt hat.

Bis die Gefahren gebannt sind, bis Geld und Zinsen wieder ihre Kontrollfunktion für gutes Wirtschaften haben, wird es noch viele Jahre dauern. Mehr und schneller gegenzusteuern wäre besser gewesen.

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