Katalonien-Konflikt:Puigdemont lehnt Neuwahlen in Katalonien ab

  • Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont hat Neuwahlen ausgeschlossen.
  • Das gab er bei einer Rede im Regierungspalast bekannt. Vorher hatten Medien berichtet, es solle im Dezember Neuwahlen geben.
  • Eine Eskalation in Form einer formellen Unabhängigkeitserklärung ist noch nicht vom Tisch.

Von Sebastian Schoepp

Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont hat einer einfachen Lösung der katalanischen Krise eine Absage erteilt. Nach langem Hin und Her und hitzigen Debatten mit seinen Koalitionspartnern schloss er Neuwahlen zum Regionalparlament aus. Seine Entscheidung verkündete Puigdemont im Palau de la Generalitat, dem Regierungspalast von Barcelona, am Spätnachmittag.

Wenige Stunden zuvor hatte es aus Regierungskreisen noch geheißen, Puigdemont werde Neuwahlen im Dezember ansetzen. Das wäre vermutlich die einzige Lösung gewesen, um die Aussetzung der katalanischen Autonomie in letzter Minute zu verhindern.

So jedoch wird der Senat in Madrid aller Voraussicht nach am Freitag Artikel 155 der spanischen Verfassung anwenden. Das würde heißen: Die rebellische Regierung von Carles Puigdemont wird abgesetzt, die Autonomie zumindest teilweise ausgesetzt. Zentrale Schaltstellen in der Verwaltung würden von Madrid aus übernommen, darunter auch die Polizei. Der größten Zeitung Barcelonas La Vanguardia zufolge wäre die Zentralregierung in Madrid bereit gewesen, die Zwangsverwaltung Kataloniens auszusetzen, wenn dort Neuwahlen ausgerufen worden wären. Puigdemont aber erklärte, er habe aus Madrid nicht genügend Garantien bekommen.

Es wird nicht ausgeschlossen, dass Puigdemont die Unabhängigkeit noch ausruft

Der konservativ-liberale katalanische Regierungschef steht unter starkem Druck seiner Koalitionspartner, der linksrepublikanischen ERC und der marxistischen Splitterpartei CUP, die eine einseitige Unabhängigkeitserklärung Kataloniens um jeden Preis erzwingen wollen.

In Barcelona wird nun nicht ausgeschlossen, dass Puigdemont die Unabhängigkeit der Region tatsächlich am Freitagnachmittag noch ausruft, sobald der Senat in Madrid Artikel 155 in Kraft gesetzt hat. Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy hat schon früher klargemacht, dass er dann mit aller Härte gegen die abtrünnige Regionalregierung vorgehen würde. Ihren Mitgliedern würde wohl der Prozess gemacht. La Vanguardia hatte zuvor in einem Leitartikel Puigdemont geradezu angefleht, Katalonien "nicht gegen die Wand zu fahren". Nur gut die Hälfte der Wahlberechtigten hat sich in vergangenen Abstimmungen klar zur Unabhängigkeit bekannt. Firmen haben mit Abwanderung gedroht, einige haben ihren Sitz bereits verlegt.

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