Ermittlungen in der Russland-Affäre:Schlechte Nachrichten für Trump

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Trump soll auf Muellers erste Untersuchungsergebnisse mit Frust und Empörung reagiert haben.

(Foto: Bloomberg)

Welche Druckmittel hat US-Sonderermittler Mueller in der Russland-Affäre in der Hand? Wird Manafort "singen"? Wen könnte es als Nächsten treffen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Beate Wild, Austin

Robert Mueller, Sonderermittler des FBI, hat am Montag in der Russland-Affäre Anklage gegen drei ehemalige Berater von US-Präsident Donald Trump erhoben. Das politische Washington ist in Aufruhr - und in Trumps Zirkel dürften einige jetzt ziemlich nervös sein. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wen hat Mueller ins Visier genommen?

Im Mittelpunkt der Anklage stehen Trumps ehemaliger Wahlkampf-Manager Paul Manafort und dessen Geschäftspartner Rick Gates, der ebenfalls Teil des Kampagnenteams war. Außerdem wurde bekannt, dass George Papadopoulos - ein weiterer ehemaliger Wahlkampf-Berater - gestand, das FBI über seine Russland-Kontakte belogen zu haben.

Wie lautet die Anklage?

Die Anklage gegen Manafort und Gates umfasst insgesamt zwölf Punkte - darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten, Steuerbetrug, Falschaussage und Geldwäsche. Im Mittelpunkt steht der Vorwurf, die Lobbyarbeit für ausländische Interessen vor US-Behörden verschwiegen zu haben. Der untersuchte Zeitraum umfasst die Jahre zwischen 2005 und 2016. Um die zentrale Frage, ob Trump-Mitarbeiter sich illegal mit der russischen Regierung abgesprochen haben, geht es dabei nicht. Manafort und Gates stellten sich am Montagmorgen dem FBI, bestreiten aber die Vorwürfe.

Welche Rolle spielte Manafort im Trump-Team?

Der 68-jährige Berater und Politstratege, der am Montag vom Gericht unter Hausarrest gestellt wurde, war im Sommer 2016 für knapp drei Monate Trumps Wahlkampfchef. Manafort war zuvor vor allem für internationale Klienten als Lobbyist aktiv, darunter umstrittene Figuren wie den früheren philippinischen Diktator Ferdinand Marcos oder den ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch (mehr zu Manaforts Werdegang hier). Rick Gates arbeitete ebenfalls für Trump, im Komitee zur Amtseinführung sogar noch im Januar und danach für eine Wiederwahl-Organisation des Präsidenten.

Wird Mueller Manafort zum "Singen" bringen?

Auch wenn die Vorwürfe sich auf Lobby-Arbeit vor seinem Trump-Engagement beziehen: Manafort muss sich ernsthaft Sorgen machen. Ihm drohen mehr als zehn Jahre Haft und die Zwangsenteignung.

Dieses Szenario ist ein Klassiker der Ermittlungsstrategien: Mueller hat ein Druckmittel in der Hand, um Manafort zum "Singen" zu bringen. Wenn Manafort eine Strafminderung aushandeln will, wird er wohl gegen weitere Personen im Trump-Team aussagen müssen - sofern es strafrechtlich Relevantes zu berichten gibt. Für Rick Gates gilt das Gleiche.

Wer ist Papadopoulos und wieso hat er das FBI belogen?

Der ehemalige Trump-Berater im Team Außenpolitik wurde am 27. Juli am Flughafen in Washington D.C. festgenommen. Er gibt zu, die Ermittler wegen seiner Russland-Kontakte bei einer früheren Anhörung belogen zu haben und kooperiert seither mit Sonderermittler Mueller. Wie am Montag veröffentlichte Gerichtsdokumente zeigen, versuchte Papadopoulos im Wahlkampf aktiv, ein Treffen von Vertretern des Teams mit russischen Regierungsvertretern zu arrangieren.

Wie lief der Kontakt zwischen Papadopoulos und den Russen ab?

Ein der russischen Regierung nahestehender Professor sprach Papadopoulos im April 2016 an: "Sie (die russische Regierung; Anm. d. Red.) haben schmutzige Details über sie (Hillary Clinton; Anm. d. Red.)", kündigte der in London lebende Joseph Mifsud an. Papadopoulos war interessiert. Als Teil der Unterstützung für Trump knackten laut Geheimdienstberichten russische Hacker die E-Mail-Konten der Demokraten und veröffentlichten peinliche Mails aus Clintons Wahlkampfteam. Der Professor stellte demnach auch Kontakt zwischen Papadopoulos und Figuren aus dem Umfeld der russischen Regierung her.

Wieso Papadopoulos Trump gefährlich werden kann

Warum könnte gerade Papadopoulos Trump jetzt gefährlich werden?

Papadopoulos ist der erste Trump-Mitarbeiter, der nachweisbar lange vor der Veröffentlichung der E-Mails von der Existenz belastenden Materials wusste. Erneut rückt damit auch das Treffen von Trump-Vertretern mit einer russischen Anwältin im Juni 2016 im Trump-Tower in den Blickpunkt. An dem nahmen neben Manafort auch Trump-Sohn Donald Jr. und Trump-Schwiegersohn Jared Kushner teil. Sie betonen, dass es sich um ein Treffen ohne große Vorgeschichte und Ergebnis handelte.

Wusste Trumps Wahlkampfteam von Papadopoulos' Aktionen?

Der Berater hielt Kollegen aus seinem Team per E-Mail über seine Russland-Annäherung auf dem Laufenden. Ein nicht genannter Vorgesetzter hielt eine Reise nach Russland für eine gute Idee, wenn dies "machbar" sein. Der Chef des Außenpolitik-Teams war der heutige Justizminister Jeff Sessions. Ob er zu den Empfängern der E-Mails gehörte, ist unklar. Aus den Dokumenten geht ebenfalls nicht hervor, ob Papadopoulos Kollegen über die Existenz möglicherweise belastenden Materials gegen Hillary Clinton informierte.

Wie hat Trump auf die Anklagen reagiert?

Der Präsident soll den Montag vor dem Fernseher im Weißen Haus verbracht und sich über die Ermittlungen und die Berichterstattung extrem aufgeregt haben, berichtet die Washington Post. Die Zeitung schreibt, Trump habe auf Muellers erste Untersuchungsergebnisse mit Frust und Empörung reagiert. Am Vormittag twitterte er: "Es gibt KEINE GEHEIMABSPRACHEN!" Die Atmosphäre im Weißen Haus soll von Niedergeschlagenheit und Unsicherheit geprägt sein. Ein Mitarbeiter, der nicht mit Namen genannt werden wollte, erzählte der Washington Post: "Die Einschläge kommen näher. Jeder ist gerade am Ausflippen."

Wen es als Nächsten treffen könnte

Wen könnte es noch treffen?

Muellers Ermittlungen muss man sich wie ein Dominospiel vorstellen. Den ersten Stein hat der Sonderermittler am Montag umgestoßen. Im Laufe der kommenden Wochen dürften noch eine Reihe weiterer Dominosteine - also Personen aus Trumps Umfeld - umfallen. Zu den Kandidaten gehören Trumps früherer Sicherheitsberater Mike Flynn, Donald Trump Jr. und Jared Kushner. Auch Roger Stone, Geschäftspartner von Manafort und Politikberater mit Kontakten zu russischen Hackern und WikiLeaks, könnte ins Visier der Ermittler geraten. Oder Carter Page, ehemaliger Trump-Berater, der am Montag im Fernsehen schon einräumte, sich wahrscheinlich mit Papadopoulos per Mail über Russland ausgetauscht zu haben.

Doch auch Demokraten könnten in den Fokus der Ermittler geraten. Am Montag zog sich wegen Muellers Ermittlungen bereits der mächtige demokratische Lobbyist Tony Podesta von seiner Firma Podesta Group zurück, die Geschäfte mit Manafort und Gates gemacht hatte. Tonys Bruder John Podesta war der Wahlkampfmanager von Hillary Clinton - seine E-Mails waren es, die via Wikileaks veröffentlicht wurden.

Worüber muss sich Trump am meisten Sorgen machen?

Kopfschmerzen könnte Trump auch bereiten, dass Mueller bei seinen Ermittlungen seine privaten und geschäftlichen Finanzen unter die Lupe nimmt. In Interviews hatte er bereits erklärt, dass dies für ihn ein Grund sei, Mueller zu entlassen.

Im Dunstkreis von Trump geht US-Medien zufolge die Panik um, Manafort oder Gates könnten Mueller gegenüber kompromittierende Infos ausplaudern. Vor allem Gates gilt als Wackelkandidat, da er eine junge Familie hat und deshalb wohl eher zu Deals mit der Staatsanwaltschaft bereit sein könnte als Manafort.

Wird Trump Mueller entlassen?

Trump weiß, dass eine Absetzung Muellers einen verheerenden Eindruck hinterlassen würde. Er würde damit aber nicht nur signalisieren, dass die Verdächtigungen wahr sind, sondern nebenbei eine veritable Verfassungskrise auslösen. Ein Amtsenthebungsverfahren könnte in greifbare Nähe rücken, schreibt Nicholas Kristof von der New York Times. Eine Entlassung Muellers ist also eher unwahrscheinlich.

Könnte Trump Manafort oder Gates begnadigen?

Darüber wird ausgiebig spekuliert. Aber: Trump kann zwar auf Bundesebene Begnadigungen aussprechen, die Angeklagten könnten aber trotzdem weiter auf Ebene der Bundesstaaten strafrechtlich verfolgt werden, schreibt die New York Times. Zudem würde er mit einer Begnadigung nicht nur sein Image und die Präsidentschaft nachhaltig beschädigen, sondern könnte auch Anlass für ein Amtsenthebungsverfahren bieten.

Und die Lehre aus Muellers Montag?

Die Schlussfolgerungen, die nun einige Menschen aus dem Trump-Lager umtreiben dürfte: Die Ermittler bluffen nicht und erste Zeugen sind gewillt zu plaudern. Rechtsexperten sprechen davon, dass Muellers Vorgehen am Montag der Kick-off war. Der Startschuss für einen ganz großen Fall.

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