Vorschlag-Hammer:Die Allüren der Agenten

Will man etwas von einem amerikanischen Jazzmusiker ab einem bestimmten Renommee, dann hat man meist mit mehreren Mittelsmännern zu tun, mindestens einem persönlichen Assistenten und einem Betreuer für Europa. Die sind inzwischen leider eine echte Plage

Von Oliver Hochkeppel

Ein gängiges Klischee besagt, dass große Künstler schwierig sind. In meinem Bereich, also vorwiegend im Kabarett und im Jazz, habe ich zumeist andere Erfahrungen gemacht. Sicher, Ausnahmen bestätigen die Regel, ein paar ausgeprägte Diven gibt es überall. Aber ganz allgemein sind die Künstler, mit denen ich zu tun habe, zugänglich und eher unkompliziert, und besonders die wirklich Guten sind ganz überwiegend demütig und bescheiden.

Allerdings haben viele das Schwierigsein sozusagen outgesourct: an ihre Agenten und Manager. Will man etwas von einem amerikanischen Jazzmusiker ab einem bestimmten Renommee, dann hat man meist mit mehreren solcher Mittelsmännern zu tun, mindestens einem persönlichen Assistenten und einem Betreuer für Europa. Die sind inzwischen eine echte Plage, offensichtlich hat die Krise der Musikindustrie eine gewisse Spezies nach oben gespült. Eine Art Mini-Trumps, deren Auftreten zwischen ungehobelt, dummdreist und größenwahnsinnig changiert. Ich habe zuletzt mehrfach miterlebt, wie an ihnen Interviews, Rundfunkmitschnitte und Auftritte gescheitert sind. Was umso erstaunlicher ist, wenn man weiß, dass bis auf die Top-Stars amerikanische Musiker in Europa und Asien bessere Gagen bekommen als in ihrem Heimatland.

Das dürfte selbst für Herbie Hancock gelten, dessen Management zu den genannten gehört, und dessen Programm am 29. November in der Philharmonie ich leider auch nicht uneingeschränkt empfehlen kann. Dabei gibt es natürlich jede Menge Amerikaner, die man gesehen haben muss. Genießen wir sie also, solange die Veranstalter noch nicht komplett die Nase voll haben. Schon am 7. November in der Unterfahrt etwa einen Fred Hersch, den eleganten, oft mit Bill Evans verglichenen Wegbereiter des neoromantischen Klaviertrios, nicht ohne Grund der Lehrer von Brad Mehldau. Oder ebendort die Schlagzeugerin Allison Miller mit ihrer energetischen Boom Tic Boom-Band, in der die grandiose Myra Melford am Klavier sitzt (9. November).

Der Proporz erfordert es, auch auf zwei Europäer hinzuweisen. Da ist zum einen Silje Nergaard, die Norwegerin mit der sanften Stimme und dementsprechend eine der Vorreiterinnen des Popjazz der späten Neunzigerjahre. Lange vom Tord Gustavsen Trio, jetzt vom Andreas Ulvo Trio begleitet, präsentiert sie ihr neues Sony-Balladenalbum "For You A Thousend Times" (Unterfahrt, 4. November). Schließlich wäre da noch Wolfgang Haffner, der wichtigste deutsche Drummer seiner Generation, der im Ampere mit einem echten All-Star-Quartett sein neues Album "Kind of Spain" mit seiner Hommage ans Modern Jazz Quartet vorstellt (8. November). Nergaard wie Haffner sind übrigens nicht nur persönlich sehr nette Leute, auch mit ihren Managements kann man geschmeidig arbeiten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: