Mönchengladbach spielt 1:1 gegen Mainz:Witz ohne Lacher

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Kuriose Szene: Gladbachs Schlussmann Yann Sommer "fängt" den Kopf des Mainzer Torschützen Abdou Diallo, während dieser zum 1:0 einköpft. (Foto: Marius Becker/dpa)

Sogar Gladbachs Trainer Hecking hat nach dem umstrittenen Unentschieden Mitleid mit den Gästen - und prognostiziert, der Videobeweis werde zur Winterpause wieder "eingestampft".

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Sandro Schwarz war fassungslos. "Man kann doch nicht zwei von drei Toren durch den Videobeweis überprüfen lassen - und eine klar elfmeterreife Situation überhaupt nicht." Der Mainzer Trainer konnte einfach nicht begreifen, wie nachlässig der Schiedsrichter Sven Jablonski und der Video-Assistent Wolfgang Stark die Bundesliga-Partie in Mönchengladbach geleitet hatten. Hätte sich der in Köln sitzende Stark in der 17. Minute eingeschaltet, wie es von ihm erwartet worden wäre, dann hätte es Elfmeter für Mainz und eine rote Karte für den Gladbacher Lars Stindl gegeben. Borussias Kapitän hatte dem allein aufs Tor zulaufenden Mainzer Jean-Philippe Gbamin ein Bein gestellt, woraufhin dieser den Ball zum Torschuss nicht mehr traf. Schiedsrichter Jablonski pfiff nicht, fragte aber auch nicht bei Stark nach - und Stark meldete sich offenbar auch von sich aus nicht. "Ein Witz!", schimpfte Schwarz. Aber lachen konnte er darüber nicht.

Das 1:1 (1:0)-Unentschieden seiner Mainzer in Gladbach war nur ein kleiner Trost für den Trainer, denn ein aberkanntes 2:0 kurz vor der Pause und ein Lattenkracher kurz vor Schluss hätten den Mainzern den verdienten Sieg bescheren können. "Am Sonntag wird sich dieser Punkt besser anfühlen als kurz nach dem Spiel", sagte Schwarz noch, bevor er das Stadion verließ. Sogar Gladbachs Trainer Dieter Hecking, bitter enttäuscht von der Leistung seiner schwachen Mannschaft, hatte Mitleid mit den benachteiligten Mainzern und sagte über die Gesamtlage rund um den vieldiskutierten Videobeweis: "Es hat sich heute nicht gut angefühlt." Hecking befürchtet: "Der Videobeweis wird zur Winterpause wieder eingestampft."

Diallo steigt mit dem Kopf höher in die Luft als Torwart Sommer mit den Händen

Die Gladbacher waren eigentlich höchst ambitioniert in dieses Spiel gestartet, gewährten ihren Gästen dann aber anfangs überraschend Mittelfeld-Hoheit und Schuss-Freiheit - Letzteres allerdings zumeist nur aus der zweiten Reihe, was dem Torwart Yann Sommer Gelegenheit zu allerhand Flugeinlagen erlaubte. Hecking hatte seinen Innenverteidiger Matthias Ginter wieder ins defensive Mittelfeld vorgezogen, in dem dieser die Mainzer Dominanz aber mitnichten zu unterbinden wusste. "Wir haben richtig gut Fußball gespielt", sagte FSV-Trainer Schwarz später.

Dass in der 19. Minute und nur zwei Minuten nach der fraglichen Notbremse das 1:0 für die sehr seriös spielenden Gäste fiel, war allerdings nicht Ginters Schuld, sondern eher die vom Torwart Sommer. Er schaffte es nämlich nicht, mit ausgestreckten Armen im Sprung eher an den Ball zu kommen als der Mainzer Abdou Diallo, der darum zur Führung einköpfelte. Der Schweizer Sommer ist mit 1,83 Metern einer der kleinsten Torhüter im deutschen Profifußball.

Beim zweiten Mainzer Tor durch Levin Öztunali in der 39. Minute dauerte es dann zwei Minuten, ehe Referee Jablonski es wieder zurücknahm, weil er eine vorangegangene Szene nach eigenem Videostudium am Spielfeldrand als Foul vom Mainzer Suat Serdar an Ginter wertete. Die Entscheidung war durchaus vertretbar, für Schwarz aber trotzdem bitter. "Du schießt zwei Tore - jubelst aber am Ende nicht."

Erst eine Standardsituation bringt Gladbach zurück ins Spiel

Mit der Hereinnahme von Christoph Kramer für den Rechtsverteidiger Tony Jantschke versuchte Hecking, Gladbachs wildes Spiel zu beruhigen. Ginter rutschte zurück in die Innenverteidigung, Nico Elvedi raus auf rechts. Maßgeblich für Gladbachs Leistungssteigerung aber war die nun bessere Körpersprache. Weil diese dem Trainer aber noch nicht reichte, brachte er im defensiven Mittelfeld alsbald auch noch Michael Cuisance für Denis Zakaria.

Es bedurfte eines Eckballs, um die allzu großzügig mit Chancen umgehenden Gastgeber in der 67. Minute zurück ins Spiel zu bringen. Der aufgerückte Innenverteidiger Jannik Vestergaard köpfelte zum 1:1 ein. Es war schon sein drittes Saisontor und bereits das siebte eines Gladbacher Spielers aus der Abwehrkette. Zum Sieg reichte es trotzdem nicht, und dass die Gladbacher am Ende mit dem Remis sogar zufrieden waren, lag an der abgeklärten Mainzer Leistung ebenso wie an dem Lattenschuss von Daniel Brosinski kurz vor dem Ende.

Vergessen war zu diesem Zeitpunkt bereits eine ebenso glückliche wie witzige Mainzer Szene. Der Torwart Robin Zentner stoppte nach einer halben Stunde einen harmlosen flachen Ball, suchte bereits nach einer Anspielstation und sah deshalb nicht, wie unter ihm der Ball durch seinen Effet ein paar Meter weiterrollte. Als Stindl den Torwart dann bedrängte, wollte Zentner den Ball fortschießen, trat aber ins Leere und rettete die Situation soeben noch in Slapstick-Manier. Es war der lustigste Moment eines Unentschiedens, über dessen Umstände am Samstagnachmittag aber niemand lachen mochte.

© SZ vom 05.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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