Premiere der Pferdeshow :"Equila": Dünne Story, starke Show

APASSIONATA - EQUILA - MUNICH  - PR-Foto

Die schlau gewählte Architektur des Amphitheaters im Herzen des 60 000 Quadratmeter großen Showareals in München ermöglicht von allen 1700 Plätzen einen guten Blick auf die Bühne.

(Foto: Apassionata)

Im neuen Apassionata-Palast in München läuft jetzt die Pferdeshow "Equila". Bei der Premiere machen Tiere, Tänzer und Reiter einen tollen Job. Die Geschichte selbst ist leider zu vorhersehbar.

Von Jana Stegemann

Zehn Minuten nach Beginn riecht es dann auch endlich nach Pferd im neuen Hightech-Apassionata-Showpalast in Fröttmaning. Ein Rappe hat vor das "Equila"-Weltpremieren-Publikum mitten auf die Bühne in den staubfreien Spezialsand geäppelt.

Der Aufmerksamkeit der meisten Zuschauer entgeht das aber, weil gleichzeitig im abgedunkelten Publikumsraum die "Herzsteine" zu leuchten beginnen. Platzanweiser hatten zu Beginn Besucher angesprochen - "Willst du ein Teil der Show sein?" - und den fast immer eifrig nickenden Mädchen und Jungen Ketten mit großen milchigen Steinen um den Hals gehängt. Jedenfalls leuchten eben diese Steine, begleitet von freudigen Ahs und Ohs, nun in der exakt gleichen Farbe wie das Äquivalent an der Kette des Hauptdarstellers Phero.

Der Junge wurde gerade von seinen Eltern zu einer einjährigen Reise durch "Equila" - ein magisches Land, in dem Pferde und Menschen in Harmonie miteinander leben - verabschiedet. Dass schulpflichtige Teenager ohne Gepäck, Geld und vor allem ohne Smartphone ein Jahr lang völlig alleine ein sagenumwobenes Land durchreiten, um den "Gipfel der Helden" zu erreichen, stellt im Pferdemärchen niemand in Frage. Zuvor muss sich Phero aber noch einen vierbeinigen Begleiter aussuchen: Seine Wahl fällt auf einen eleganten Schimmel.

Linn beschäftigt etwas anderes: "Hoffentlich haben die Pferde keine Ohrenschmerzen", flüstert die Zehnjährige. Ihr Gedanke ist nicht abwegig, die Musik während der zweistündigen Live-Show ist sehr mitreißend - aber auch ziemlich laut. Und heißt es nicht, Pferde hätten ein viel besseres Gehör als Menschen? Die erste Stunde der Pferdeshow geht rasend schnell vorbei. Zu schnell für Linn. "Ich hätte mir ein bisschen mehr Erklärung gewünscht", sagt die pferdebegeisterte Sechstklässlerin in der 25-minütigen Pause. Der achtjährige Ben hingegen ist ganz beseelt. Auf die Frage, was ihm besonders gefallen hat, antwortet er durchs Schlürfen seiner Cola: "Alles."

Das ist eine der schönsten Szenen der Show

29 Videoprojektoren erzeugen zwei Stunden auf der 600 Quadratmeter großen und nach innen gewölbten LED-Wand beeindruckende und täuschend echt wirkende Bildwelten: Mal befindet sich Phero in einem Sandsturm in der Wüste, dann an einem tropischen Strand oder mitsamt Pferd auf einem Floß auf dem Ozean. Die schlau gewählte Architektur des Amphitheaters im Herzen des 60 000 Quadratmeter großen Showareals in München ermöglicht von allen 1700 Plätzen einen guten Blick auf die Bühne. Eltern müssen ihren Kindern also nicht zwingend die 129-Euro-Tickets kaufen, die Kleinen sehen auch von günstigeren Plätzen aus alle Pferde.

Eine der schönsten Szenen der Pferdeshow ist "Unter dem Meer": Schimmel, die sich unter ihren Reitern traumschön im Takt der Musik bewegen und immer wieder vorbeitraben an Akrobatinnen, die in glitzernden Ganzkörperanzügen an schwebenden Ringen turnen. "Beeindruckend", seufzt Linn. Spannend - für sehr kleine Gäste sogar ein bisschen zu spannend - wird es, als Phero endlich am Fuß des Berges ankommt. Wie schon mehrmals zuvor hat er sein Pferd verloren. "Schon wiiieder?", fragt Linn und wirkt ein bisschen genervt. Als ein Trickreiter im rasanten Galopp unter seinem Pferd hindurchtaucht, ist das aber vergessen.

Ausgerechnet ein Esel bekommt in der Pferdeshow den meisten Applaus. Und zwar in der Szene, in der Phero schon wieder sein Pferd sucht. Der Esel liegt also auf der Bühne im Sand herum und mag nicht aufstehen. Damit kann sich schließlich wirklich jeder von neun bis neunundneunzig Jahren identifizieren.

Die Liebesgeschichte ist hohl und herzlos

Die Story von "Equila" ist die Schwachstelle der Show. "Die Geschichte war vorhersehbar", findet Sechstklässlerin Linn nach den Standing Ovations des Premierenpublikums und vergibt die Schulnote 2- für "Equila". Denn die Geschichte dürfte all jenen verdächtig bekannt vorkommen, die folgende Filme kennen: Romeo & Julia, Atlantis, Herr der Ringe und Gladiator. Der Mix hieraus funktioniert leider nicht, die Liebesgeschichte zwischen der Reiterprinzessin Amara und Phero kommt hohl und herzlos daher. Sie wäre absolut verzichtbar gewesen, der Funke zwischen Phero und Amara will einfach nicht richtig überspringen.

Die Friesen und Lusitanos, die Menorquiner und Shire Horses, die Shetlandponys und die Esel, sie alle haben hingegen zwei Stunden lang einen exzellenten Job gemacht. Genauso wie die 31 Reiter, 18 Tänzer und sechs Akrobaten. Nur mit hohem reiterlichen Geschick und Können, einem stabilen Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Mensch und monatelangem Training sind Szenen wie sie in "Equila" gezeigt werden, möglich. Wären doch auch nur die Geschichtenschreiber ein bisschen kreativer gewesen.

Einige Kinder hätten sich nach der Vorstellung wohl gewünscht, ihren magischen Herzstein noch bei sich zu haben - als sie vor dem mitarbeiterleeren Merchandising-Store stehen. Mit fassungslosem Blick starren die Kleinen den Gastromitarbeiter an, der ihnen erklärt, dass sie hier heute keine "Equila"-Nudeln für vier Euro, Pferdebecher, Kuschelpferde oder Glitzershirts aus den vollen Regalen hinter ihm mehr kaufen können. Zerknitterte Geldscheine werden traurig an Eltern zurückgereicht.

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