Banken:Krumme Aktiendeals holen die Commerzbank ein

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Das Frankfurter Geldhaus muss im dritten Quartal überraschend Rückstellung bilden für umstrittene Cum-Cum-Transaktionen. Auch im Alltagsgeschäft läuft es eher schleppend.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Der Commerzbank drohen nun doch Steuerrückforderungen aus umstrittenen Cum-Cum-Aktiengeschäften. Noch im August hatte das Geldhaus betont, man sei davon nicht betroffen; keine drei Monate später hat sich die Einschätzung geändert: Wie am Donnerstag aus dem Zwischenbericht zum dritten Quartal hervorging, stellte die Bank 10,5 Millionen Euro zurück, weil sie möglicherweise Kapitalertragsteuer zurückzahlen muss. Die besagten "Cum-Cum"-Geschäfte galten bislang - anders als "Cum-Ex"-Transaktionen - als legal, obwohl auch sie zu Lasten der Staatskasse gingen.

Dass die Commerzbank diesen Geschäften aber überhaupt nachging, ist pikant, schließlich gehört sie zu 15,6 Prozent dem Bund. Erst im Mai 2016 hatte sie die Transaktionen beendet. Ähnlich wie bei "Cum-Ex" werden bei "Cum-Cum" Aktien rund um den Dividendenstichtag gehandelt. Auf diese Weise können Investoren aus dem Ausland Steuern auf Dividenden vermeiden, die sie eigentlich zahlen müssen.

Im Falle der "Cum-Cum"-Geschäfte müssen sich auch zahlreiche weitere Banken auf die Rückzahlung von Kapitalertragsteuern einstellen. Die schwedische Großbank SEB zum Beispiel warnte in ihrem Neunmonatsbericht gerade ebenfalls vor Belastungen infolge von Steuerrückforderungen. Neben der Commerzbank gehörte die Deutschlandtochter der SEB zu jenen Geldhäusern, die diese "Cum-Cum"-Geschäfte rege betrieben hatten.

Zwar wurde das Steuerschlupfloch Anfang 2016 geschlossen. Das Bundesfinanzministerium hatte aber erst im Juli 2017 genauer erläutert, welche "Cum-Cum"-Geschäfte nun genau als rechtswidrig einzustufen sind. Daraufhin hatte die Finanzaufsicht Bafin sogleich 1600 deutsche Banken und Sparkassen nach ihren "Cum-Cum-Risiken" befragt. Die Bafin wollte wissen, mit welchen Rückzahlungen die Banken rechnen könnten und ob ihre Stabilität dadurch gefährdet sein könnte. Bis spätestens Ende Oktober mussten die Institute dies beantworten. Derzeit wertet die Bafin die Ergebnisse der Umfrage aus.

Dazu muss man wissen: Rückforderungen aus "Cum-Ex"-Geschäften (hier sind die Behörden schon weiter mit der Aufarbeitung) hatten ein Geldhaus sogar in die Pleite getrieben. Die Frankfurter Investmentbank Maple Bank hätte dem Finanzamt Anfang 2016 enorme 450 Millionen Euro erstatten müssen, was die Bank jedoch nicht zahlen konnte.

Der Commerzbank hingegen drohen nun nicht nur Steuerrückzahlungen; laut Zwischenbericht fordern Kunden, mit denen die Commerzbank solche Wertpapierleihgeschäfte eingegangen ist, außerdem Schadenersatz, weil ihnen Ansprüche aberkannt wurden. Die Erfolgsaussichten der Kunden schätzt die Commerzbank bislang als gering ein, die Analysen seien aber noch nicht abgeschlossen. In diesen Fällen könnten sich daher "finanzielle Auswirkungen im höheren zweistelligen Millionenbereich inklusive Nachzahlungszinsen ergeben", erklärte die Commerzbank.

Anders als die Maple Bank werden die Rückzahlungen die Commerzbank gewiss nicht umbringen. Unter dem Strich verdiente das Institut im dritten Quartal 472 Millionen Euro, vor einem Jahr hatte noch ein Verlust von 288 Millionen zu Buche gestanden. Das Plus verdankte das Geldhaus vor allem Sondererträgen, im Alltagsgeschäft aber lief es eher schleppend. Die bereinigten Erträge sanken um neun Prozent auf zwei Milliarden Euro - obwohl die Bank immer mehr Kunden gewinnt. Bis 2020 will Commerzbank-Chef Martin Zielke 14 Millionen Privatkunden in Deutschland gewonnen haben. Dank teurer Werbekampagnen und Willkommensprämien hat die Bank seit 2012 tatsächlich gut 1,5 Millionen Kunden anlocken können. Ob sich die neue Klientel aber dauerhaft rechnet, ist weiter unklar.

Zu den jüngsten Übernahmegerüchten gab man sich einsilbig. Im Sommer war bekannt geworden, dass die Geldhäuser Unicredit und BNP Paribas weiterhin an einer Übernahme der Commerzbank interessiert sein könnten.

© SZ vom 10.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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