Technikgeschichte:Der Urahn des iPhone

Technikgeschichte: Wer den Apple I bedienen wollte, wie hier Museumsdirektor Wolfgang Heckl (links) und Sammler Achim Baqué, musste zunächst selbst herumbasteln.

Wer den Apple I bedienen wollte, wie hier Museumsdirektor Wolfgang Heckl (links) und Sammler Achim Baqué, musste zunächst selbst herumbasteln.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Informatiker Achim Baqué übergibt dem Deutschen Museum einen Apple I. Das seltene Gerät gilt als erster Personal Computer der Welt

Von Marco Wedig

Gelangweilt wirkte die deutsche Zollbeamtin am Frankfurter Flughafen, als sie Achim Baqué zu sich rief. "Ich hoffe, Ihre Ware ist über 1000 Euro wert, damit sich die Mühe lohnt", soll sie gesagt haben. Ihr Gesicht entgleiste, als sie erfuhr, was Baqué da im Handgepäck transportierte: einen Apple I, der als der erste Personal Computer der Welt gilt. Seit Dienstag steht er im Deutschen Museum.

Mit dem, was heutige Nutzer von Apple kennen, hat der 1976 gebaute Computer nichts zutun: Während beim iPhone die einfache Bedienbarkeit im Vordergrund steht, musste der damalige Anwender noch selbst herumbasteln. Die Platine wurde an den hauseigenen Fernseher angeschlossen. Über eine Schnittstelle ließ sich das Gerät mit einem Kassettenrekorder verbinden. Wer mit der Programmiersprache BASIC ein Programm geschrieben hatte, konnte es auf Kassetten abspeichern. Ansonsten wurde der Apple I zum Spielen genutzt. "Textverarbeitung oder Tabellenkalkulationen waren erst mit dem Nachfolge-Modell Apple II möglich", erklärt Baqué. Er weiß, wovon er spricht. Der Sammler, der den Computer als Dauerleihgabe ans Museum übergibt, ist selbst Informatiker.

"In der Schule hat es mich erwischt", sagt er. 1986 verkaufte er erste Programme. Mittlerweile leitet er eine Firma in Euskirchen, die sich auf Gerichtsvollziehersoftware spezialisiert hat. Als Baqué früher bei seiner Großmutter in München zu Besuch war, ging er häufig ins Deutsche Museum. Und dort gehöre der Apple I auch hin, sagt er. "Viel zu viele liegen in Banksafes." Verständlich, angesichts des Werts. Für 236 000 US-Dollar ersteigerte er den Computer, der 1976 für 666,66 US-Dollar über den Ladentresen ging. Baqué kaufte den Apple I von Bob Luther, der dem Rechner gar ein Buch gewidmet hatte. Luther wiederum bekam das Stück von Joey Copson, einem Apple-Mitarbeiter der ersten Stunde. Copson versah die Tastatur wohl auch mit einem Schreibmaschinengehäuse.

Rund 200 Exemplare des Apple I produzierte Apple. Von knapp 70 ist der Aufenthalt bekannt. Möglich, dass es sich bei der Leihgabe ans Deutsche Museum, die von vier auf acht Kilobyte Arbeitsspeicher ausgebaut wurde, um eines der allerersten Exemplare handelt. Die Nummer 22 steht auf seiner Rückseite. Doch sei dies keine wirkliche Registrierungsnummer, sagt Fachmann Baqué. Vermutlich wurde sie im Byte Shop, einem der ersten Computer-Fachgeschäfte, hinten draufgepinselt. Die Distributionskette war schließlich lang noch nicht so professionell wie heute. Gleiches gilt für die Produktion. Steve Wozniak, der Partner von Apple-Guru Steve Jobs, überprüfte damals alle Geräte selbst. Teile des Apple I wurden zwar in der Fabrik gefertigt, doch die Platinen wurden in der legendären Garage in Palo Alto eingesetzt.

Fast so groß wie die Garage ist die Zuse Z4, der erste kommerzielle Computer weltweit, der sich auch im Deutschen Museum befindet. Steve Jobs schaute ihn sich genau an, als er 1985 einen Apple Macintosh 512 K ins Museum brachte. Der Apple I komplettiert nun die Sammlung. "Steve Jobs und Steve Wozniak waren die Ersten, die erkannt haben, dass so ein Gerät auch für den Privatgebrauch interessant ist", sagt Informatik-Kuratorin Anja Teuner.

Schließlich kommt bei der Übergabe der Moment, an dem Baqué den Rechner anschaltet und eine Zahlenfolge auf der Tastatur tippt, Maschinensprache - dann laufen ein paar Ziffern über den Bildschirm. Der gehe jetzt eine Zeichencodierung durch, sagt Baqué, "bis er in 20 Minuten zu heiß wird".

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