Weinwirtshaus zum Schönfärber:Ein ganz normales Wirtshaus, nur eben für Weintrinker

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Wenn er eine Flasche unbedingt haben will, wird es auch mal vierstellig: Wirt und Sammler Thomas Hertlein in seiner Münchner Weinbar. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der "Weinheilige" Thomas Hertlein eröffnet in München ein Lokal, das auf Deftiges setzt anstatt auf Schäumchen.

Von Patrick Hemminger

Thomas Hertlein ist zurück. Vor drei Jahren schloss er die legendäre Blaue Donau in Schwabing, am Donnerstag eröffnet im Westend sein neues Lokal, das Weinwirtshaus zum Schönfärber. Und das dürfte nicht weniger sein als eine kleine Sensation im Münchner Gastrogewerbe. Drei Jahre war Hertlein, der "Weinheilige", wie er von manchen auch genannt wird, raus aus der Gastronomie.

In dieser Zeit reiste er um die Welt, kam seine Tochter zur Welt, schrieb er ein Buch, wurde er ruhiger. Beweisen will er niemandem mehr etwas, wie er sagt. "Ich bin jetzt 45, ich will das machen, womit ich mich wohlfühle." Aber ein Perfektionist ist Hertlein noch immer. Deshalb soll der Schönfärber sein Meisterstück werden, wie er sagt, ein Klassiker in Münchens teils recht unbeständiger Gastroszene, wo andauernd Lokale öffnen und schließen.

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Ihm ist wichtig, dass das Lokal nicht als Vinothek oder Weinbar gesehen wird, sondern als Weinwirtshaus. Bodenständig soll es sein, einfaches aber gutes Essen geben, die Gäste werden geduzt. Nur dass der Wein im Mittelpunkt steht und nicht das Bier. Wichtig sind Hertlein die Preise: "Es muss auch in München möglich sein, dass man zu zweit ausgeht, zwei Gänge isst, eine gute Flasche Wein dazu trinkt und nicht mehr als 100 Euro ausgibt."

Schäumchen auf dem Teller gibt es bei ihm nicht. Auf der Karte stehen deftige Sachen, einige Schmorgerichte, alles von der Südtiroler Küche inspiriert. Regional und saisonal ist selbstverständlich, alles soll verwertet, nichts weggeschmissen oder -geschüttet werden. Alle Weine, die die Gäste nicht austrinken, landen in den Soßen. Das teuerste Hauptgericht kostet 22 Euro.

Die Weinkarte der Blauen Donau bewertete das Magazin Falstaff einst mit 20 von 20 möglichen Punkten. Das gibt es im Schönfärber nicht mehr. Auf dessen Karte stehen 60 Weine, alles andere öffnet Hertlein nur für den Gast, bei dem er es für richtig hält oder der danach fragt. Acht Euro wird der günstigste Wein kosten, 0,2 Liter wohlgemerkt. Aus einigen besonderen Flaschen wird er glasweise mit dem Coravin-System ausschenken - bei dieser Technik wird der Wein mit einer dünnen Nadel der Flasche entnommen, der Korken bleibt unbeschädigt und kann in der Flasche bleiben. Von 15 Euro an gibt es da große Namen, etwa aus dem Bordelais oder dem Burgund. "Die Gäste sollen sagen, was für einen Wein sie sich vorstellen und wie hoch ihr Budget ist. Dann mache ich ihnen was auf", sagt Hertlein.

Wer den großen Raum an der Kazmairstraße 28 betritt, dem fallen zuerst die zwei Farben auf, in denen er gestrichen ist. Der Eingangsbereich beim Tresen ist knallrot. Dort können die Gäste stehend ein paar Häppchen essen und ihren Wein trinken. Auf einem großen Fernseher laufen alte Schwarz-Weiß-Filme, Musik kommt von Vinyl. "Wir legen eine Platte auf, irgendwas von Dylan bis Metallica, und die läuft dann durch", sagt Hertlein. Ein paar Schritte weiter wird die Wand grün. Dort stehen Tische. Wer sich setzen möchte, der muss Essen bestellen.

Geöffnet hat das Weinwirtshaus zum Schönfärber von Montag bis Freitag von 18 bis 1 Uhr. "Wir sind doch alle älter geworden", sagt Hertlein als Begründung. Kinder seien herzlich willkommen. "Ich bin nicht mehr scharf auf tolle Bewertungen", sagt Hertlein. "Am Ende des Abends sollen die Leute rausgehen und sagen: Danke, schön war's!"

© SZ vom 21.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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