Champions League:Was in Sevillas Kabine passierte

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Last-Minute-Jubel: Sevilla-Spieler bestürmen Trainer Berizzo. (Foto: Aitor Alcalde/ Getty Images)
  • Nach der Aufholjagd des FC Sevilla gegen den FC Liverpool macht eine hollywoodreife Nachricht die Runde.
  • Sevilla-Trainer Eduardo Berizzo soll seine Spieler beim 0:3-Pausenstand damit motiviert haben, dass er seine Krebsdiagnose offenbarte. Doch stimmt das?
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Von Javier Cáceres

Am Mittwoch zitierten sämtliche Zeitungen der andalusischen Hauptstadt aus der Hymne des FC Sevilla. "Sie sagen, dass er nie aufgibt ...", heißt es da über den Klub. Doch diesmal war das nicht bloß auf ein Fußballspiel gemünzt, das zu dieser Zeile passte. Mit 0:3 hatte Sevilla gegen den FC Liverpool zur Halbzeit hinten gelegen, am Ende rettete Sevilla in der Nachspielzeit ein 3:3-Unentschieden, das die Optionen auf ein Weiterkommen in der Champions League wahrte.

"Es war ein Wahnsinnsabend", sagte Johannes Geis, 24, der bis zum Sommer noch beim FC Schalke 04 aktiv war und sich nun in Sevilla in der Stammelf als Innenverteidiger festgespielt hat, "von Freud bis Leid war alles dabei". Und auch ein Schock spielte eine Rolle. Denn nach der Partie sickerte durch, was der Klub anderntags auch offiziell bestätigte: Trainer Eduardo "Toto" Berizzo, 48, leidet an Prostatakrebs.

Eine hollywoodreife Meldung

Es dauerte auch nicht lange, bis in Spanien eine hollywoodreife Meldung die Runde machte. Sie lautete: Berizzo habe seinem Team die Diagnose in der Halbzeit eröffnet, im Rahmen eines melodramatischen Appells. Allein: Sie stimmte nicht, bestätigte Geis der Süddeutschen Zeitung. Was hingegen stimmte, war, dass Berizzo hinter der Kabinentür hochemotionale Worte gefunden hatte, als die Tore des Ex-Hoffenheimers Roberto Firmino (2./30.) und Sadio Mané (22.) auf der Seele der Andalusier lasteten wie Bleiplatten. "Es mag demagogisch klingen, aber ich habe wirklich daran geglaubt, dass wir es schaffen könnten", zitierte Berizzo selbst aus seiner Kabinenrede.

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Eine Rolle spielte die Gesundheit Berizzos gleichwohl, zumindest im Bewusstsein seiner Spieler. "Natürlich haben wir uns in der Halbzeit gesagt, dass wir uns jetzt erst recht zusammenreißen müssen, dass wir das so nicht stehen lassen dürfen", sagte Geis, der 90 Minuten durchspielte. Was der Coach gesagt habe? "Dass wir eine gute Mannschaft sind, dass wir es besser können, dass wir uns gegenseitig anfeuern sollen, und dass sich alles drehen würde, wenn wir das erste Tor schießen, weil dann das Publikum sofort da sein würde." Die Worte Berizzos entfalteten die Wucht einer Prophezeiung, "sie hallten wirklich nach", sagte Geis. Wissam Ben Yedder traf zwei Mal (51., 60./Foulelfmeter), Guido Pizarro erzielte in der 94. Minute den Ausgleich. Dann stürzte das ganze Team zur Seitenlinie - und begrub Berizzo unter einer Traube glücklicher Menschen.

Die Geste hatte auch viel damit zu tun, dass Berizzo, ein ehemaliger Profi und späterer Trainer von Estudiantes de La Plata (Argentinien), O'Higgins (Chile) und Celta de Vigo (Spanien), beim Team ungemein beliebt ist. Auch bei Geis. Berizzo, sagt der frühere Bundesligaprofi, sei "für alle eine wichtige Bezugsperson. Natürlich auch für mich, denn er hat viel mit mir geredet, als ich mich noch zurechtfinden, an ein neues Land gewöhnen musste - und nur auf der Bank saß. Dass sich ein Trainer so um einen Spieler kümmert, der nicht spielt, das kannte ich aus Deutschland so nicht", erklärt Geis.

Am Mittwoch stand Berizzo auf dem Trainingsplatz und analysierte das Spiel, im Kreis einer Mannschaft, die auch für ihn nie aufgibt.

© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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