Angola:Papas Mädchen

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Ein Selfie fürs Album: Isabel dos Santos (rechts) mit den Schauspielern Lindsay Lohan und Rick Yune bei einer Gala auf Sardinien.

(Foto: BESTIMAGE)

Isabel dos Santos ist die Tochter des ehemaligen angolanischen Staatspräsidenten - und die reichste Frau Afrikas. Als Chefin des staatlichen Ölkonzerns wurde sie jetzt gefeuert. Doch ihr Einfluss im Land ist noch immer groß.

Von Judith Raupp

Mal bin ich zu jung, mal zu intelligent, mal zu privilegiert", lästert Isabel dos Santos. Die 44 Jahre alte Unternehmerin begegnet Kritikern selbstbewusst: "Ich habe einfach hart gearbeitet." Ihr Vater, der ehemalige Staatspräsident von Angola, José Eduardo dos Santos, habe nichts mit ihrem Erfolg zu tun. Ihre Firmenbeteiligungen - deren Wert auf drei Milliarden Dollar geschätzt wird - habe sie ganz legal erworben.

Dos Santos gilt als die reichste Frau Afrikas und als einzige Milliardärin des Kontinents. Sie ist deshalb gern gesehener Gast auf Wirtschaftsforen in aller Welt. Und sie, die Elektroingenieurin, nutzt die Bühnen in New York, London und anderen Metropolen, um ihre Kompetenz als Unternehmerin und Managerin zu unterstreichen. Sie schwärmt dann in akzentfreiem Englisch von den "unglaublichen Geschäftsmöglichkeiten" in Angola und malt ein positives Bild von Armut, mangelnder Bildung und schlechter Infrastruktur in ihrer Heimat: "Jede Krise ist eine Chance."

Sie besitzt die größte Mobilfunkfirma des Landes und andere Beteiligungen

Doch nun steckt sie selbst in einer Krise. Der neue Staatspräsident João Manuel Gonçalves Lourenço, der ihren Vater im September nach 38 Jahren an der Macht ablöste, hat sie in der vergangenen Woche als Chefin des staatlichen Ölkonzerns Sonangol gefeuert. Nun bricht die Häme der Nation über Isabel dos Santos herein. "Die Leute feiern, sie haben genug von der Kleptokratie der dos-Santos-Familie", erzählt Marissa Moorman. Selbst in den Büros von Sonangol sollen die Korken geknallt haben. Moorman ist Geschichtsprofessorin an der amerikanischen Indiana-Universität und forscht seit vielen Jahren über Angola. Isabel dos Santos habe noch immer gefährlich viel Macht, warnt sie. Und das in einem der korruptesten Länder der Welt.

Dos Santos besitzt wesentliche Anteile im Energie- und Telekommunikationssektor, an Banken und Medien sowie in der Konsumgüterbranche. Ihr gehören unter anderem die größte Mobilfunkfirma Unitel und die Supermarktkette Candano. Bislang hat die staatliche Propaganda dos Santos als fleißige Unternehmerin vermarktet, die für das Volk Arbeitsplätze schafft. Aber Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft, hat auch Kritik aus Angola gehört. Die Leute klagten, sagt er, dass das Fast-Monopol der Präsidententochter Jobs in anderen Unternehmen verhindere.

Die Arbeitslosenquote in Angola beträgt 25 Prozent. Zwei Drittel der 29 Millionen Einwohner wissen morgens nicht, ob sie abends etwas zum Essen haben werden. Das Land ist hoch verschuldet, obwohl Diamanten und Öl im Überfluss vorhanden sind.

Isabel dos Santos gibt sich gern bescheiden. Sie tritt meist in schlichter Business-Hose, T-Shirt und Blazer auf, keine übermäßige Schminke, wenig Gold. Sie will nicht protzen in der Öffentlichkeit. Gerne erzählt sie, wie klein sie angefangen habe. Im Alter von 24 Jahren eröffnete sie das Restaurant Miami Beach in der Hauptstadt Luanda. Schön gelegen am Atlantik ist die Strandbar immer noch ein beliebter Erholungsort für Ausländer und Angolaner der Mittelschicht.

Als Kind war dos Santos ein Mädchen wie jedes andere. Sie spielte mit ihren Kameraden auf der Straße und aß Joghurt aus lokaler Produktion. Es war die Zeit des Kalten Krieges, Angola war sozialistisch. Und Papa war zunächst noch ein Freiheitskämpfer gegen die portugiesischen Kolonialherren. Ihre Mutter, die Aserbaidschanerin Tatiana Kukanova, nahm Isabel mit nach London, als ihre Ehe mit José Eduardo dos Santos auseinanderbrach. Das Kind sollte nicht im Bürgerkrieg bleiben. Isabel dos Santos kehrte erst gegen Ende der langen, blutigen Ära zurück in ihre Heimat.

Am King's College in London soll dos Santos ihren Ehemann Sindika Dokolo kennen gelernt haben. Der Kongolese sammelt Kunst. Sein Vater war ein bekannter Banker in Kinshasa. Abseits der Öffentlichkeit weiß das Paar Luxus durchaus zu schätzen. Zur Hochzeit ließ es französische Delikatessen und einen belgischen Chor einfliegen. Die familieneigene Yacht Hayken soll 35 Millionen Dollar wert sein. Das Paar hat drei Kinder. Die Familie pendelt zwischen Domizilen in Luanda, London, Lissabon und Johannesburg.

In großen Städten fühlt sich Isabel dos Santos zu Hause. Sie gewinnt sogar dem täglichen Stau in Luanda etwas ab. Er zeige, dass der Mittelstand wachse. "Immer mehr Leute können sich ein Auto leisten und ihre Kinder in Privatschulen schicken", erzählte sie der BBC. Papa Präsident hat es offenbar versäumt, anständige öffentliche Schulen zu schaffen.

Ob Filz und Korruption nun tatsächlich bekämpft werden, ist noch unklar

Dos Santos präsentiert sich gerne als Frauenförderin. "Es ist traurig, dass ich in den Vorstandsetagen oft allein bin", lamentiert sie. Ausbildung und Quote seien nötig. Wenn sie zu Mädchen spricht, legt sie auch mal rosaroten Lippenstift auf, passend zum T-Shirt mit rosaroten Blumen. Ihr Rat an die jungen Frauen: "Ihr müsst Leidenschaft mitbringen. Nur für Geld zu arbeiten, lohnt sich nicht." Welch ein Wort aus dem Munde einer Milliardärin.

Das US-Wirtschaftsmagazin Forbes zeichnet ein anderes Bild von dos Santos. Die Reporter haben ein Jahr lang die Holdings und Firmen der Präsidententochter unter die Lupe genommen. Ihr Fazit: Das Vermögen verdankt sie dem Klüngel um ihren Vater.

Der neue Präsident Lourenço ist ein Weggefährte von dos Santos. Dass er die Tochter seines Freundes von ihrem Posten bei Sonangol feuerte, hat einige Beobachter überrascht. Ob Lourenço tatsächlich die Korruption und den Filz bekämpfen will, oder lediglich seine eigenen Leute an die Fleischtöpfe befördern wird, ist noch unklar. "In jedem Fall hat der Rausschmiss der reichsten Frau Afrikas international die gewünschte Aufmerksamkeit erregt", urteilt Afrika-Verein-Chef Kannengießer.

Die Schmach will Isabel dos Santos nicht auf sich sitzen lassen. Von Sonangol verabschiedete sie sich mit einer Zwischenbilanz. Die Zahlen sollten zeigen, dass der Ölkonzern nach dem Preissturz auf dem Weltmarkt wieder auf gutem Weg ist. Dank ihrer harten Arbeit natürlich.

Zwei Tage nach dem Rauswurf steht dos Santos mit einer positiven Meldung in der Presse. Ihre Brauerei bringt die neue Biersorte "Luandina" auf den Markt. Bier fürs Volk - und Balsam für den verletzten Stolz.

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