Deutscher Botschafter in Nordkorea:Unser Mann in Pjöngjang

Thomas Schäfer

Einer der wenigen echten Nordkorea-Experten: Thomas Schäfer, deutscher Botschafter in Pjöngjang.

(Foto: dpa (2); Collage SZ)
  • Thomas Schäfer leitete die deutsche Botschaft in Nordkorea bereits von 2007 bis 2010. Seit 2013 ist er wieder in Pjöngjang.
  • Die deutsche Botschaft in Pjöngjang befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen DDR-Vertretung.
  • Die Bundesrepublik unterhält erst seit 2001 diplomatische Beziehungen zu Nordkorea.

Von Christoph Giesen, Peking

Es gibt viele Nordkorea-Experten: eine steile These hier, eine flotte Einschätzung dort. Die meisten dieser oft selbsternannten Fachleute sind nur selten im Land der Kims. Ein, zwei Mal im Jahr kommen sie vorbei, stets in enger Begleitung von Offiziellen. Kein Termin, der nicht mit dem Regime abgestimmt ist. Kein Gespräch ohne staatliche Bewacher. Und dann gibt es Thomas Schäfer, den deutschen Botschafter in Pjöngjang. Einen der wenigen echten Experten. Ein Glücksfall für Deutschland. Kaum ein Diplomat hat so viel Zeit in Nordkorea verbracht wie Schäfer. Zum zweiten Mal lebt der 65-Jährige in Pjöngjang. Von 2007 bis 2010 leitete er die deutsche Vertretung, seit 2013 ist er wieder Botschafter in Nordkorea. Geht es nach dem Willen einiger Leute aus dem Umfeld des amerikanischen Präsidenten, soll Deutschland ausgerechnet diesen Mann abziehen.

Pjöngjang ist ein Härteposten. Alle paar Wochen muss jemand nach Peking reisen, um Geld zu holen. Nordkorea ist abgeschnitten vom internationalen Bankensystem. Wer krank wird, muss ausgeflogen werden, vernünftige Krankenhäuser gibt es nicht. Manch ein abgeordneter Diplomat macht sich ein ruhiges Leben in Pjöngjang. Jeden Tag Visa-Anträge? Bundesbürger, die ihren Pass verloren haben? Ministerreisen vorbereiten? Was überall sonst auf der Welt das Standardrepertoire ist - in Pjöngjang undenkbar. Dennoch ist Schäfer freiwillig nach Nordkorea zurückgekehrt, das Land und seine Bevölkerung liegen ihm am Herzen.

Akribisch wie kaum ein anderer versucht er jeden Tag, diesen unmöglichen Staat zu verstehen. Er studiert die Parteizeitung, jede Verlautbarung der Führung analysiert er genau, auch reist er im Land ständig umher. Alles, um das große Nordkorea-Puzzle zusammenzusetzen. Es ist Puzzlearbeit unter erschwerten Bedingungen. Wie viele Teile dieses Bild haben mag? Es lässt sich wohl nicht einmal erahnen. Diplomatische Beziehungen zu Nordkorea unterhält Deutschland seit 2001. Damals hatten sich Nord- und Südkorea angenähert - diese Sonnenscheinpolitik ist längst vorbei. In Pjöngjang ist die deutsche Botschaft seitdem auf dem ehemaligen Gelände der DDR-Vertretung untergebracht. Ein umzäuntes Areal mit Swimmingpool und Dienstwohnungen. Für die Beamten aus Deutschland alleine ist das viel zu groß. Großbritannien und Schweden sind Untermieter, und Schäfer ist der Hausherr.

Seine erste Station nach dem Geschichtsstudium führte ihn in den Achtzigerjahren nach Peking. Dass er dort Einblick bekam in die chinesische Bürokratie, hilft dabei, Nordkorea zu verstehen. Seitdem pendelt er zwischen Lateinamerika und Asien, er war auf Posten in El Salvador, Hongkong und Venezuela. Ehe es wieder nach Nordkorea ging, wurde Schäfer 2010 Botschafter in Guatemala, dem Heimatland seiner Frau. Dort will er nach der Pensionierung nächstes Jahr wieder häufiger sein.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: