Große Koalition:Die SPD ziert sich

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Große Koalition, ja oder nein? Viele Parteimitglieder wollen kein neues Bündnis mit der Union. (Foto: imago/Pacific Press Agency)
  • Aus dem In- und Ausland wächst der Druck auf SPD-Chef Schulz, eine Regierungsbildung zu ermöglichen.
  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will die Sozialdemokraten zu einem neuen Bündnis mit der Union überreden.
  • Die Partei hat noch keine gemeinsame Position gefunden. Am Montag will der SPD-Vorstand über das weitere Vorgehen diskutieren.

Von Michael Bauchmüller und Mike Szymanski, Berlin

Die SPD findet wenige Tage vor ihrem Bundesparteitag keine Linie in der Frage, ob und unter welchen Bedingungen sie sich an einer neuerlichen Regierung mit der Union beteiligen soll. Ihre Partei müsse sowohl eine Minderheitsregierung als auch eine große Koalition prüfen, sagte Fraktionschefin Andrea Nahles, äußerte sich jedoch skeptisch zu einer der beiden Optionen: Sie sei sich nicht sicher, ob eine Minderheitsregierung das Land wirklich voranbringe. Auch vor Neuwahlen habe die SPD keine Angst, sagte Nahles dem Tagesspiegel. Dagegen empfahl Matthias Miersch, Sprecher der Parlamentarischen Linken, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung ein "Modell der Kooperation".

Darin könne die SPD mit der Union bestimmte Projekte und ein gemeinsames Kabinett fest vereinbaren. "Alles andere unterliegt nicht einer Bindung und kann im Parlament frei entwickelt werden", sagte Miersch. Eine große Koalition lehnt er ab - anders als etwa Stephan Weil. Am Wochenende zeigte sich der niedersächsische Ministerpräsident erneut offen für eine Neuauflage der Koalition mit der Union.

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Der niedersächsische Ministerpräsident ermahnt seine SPD, sich konstruktiv an der Regierungsbildung zu beteiligen. Sogar FDP-Chef Lindner findet jetzt eine große Koalition besser als ein Jamaika-Bündnis.

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Der SPD-Vorstand will an diesem Montag über das weitere Vorgehen diskutieren und über einen Parteitags-Antrag zur Rolle der SPD bei der Regierungsbildung beraten. Parteichef Martin Schulz erhofft sich von dem Treffen am Donnerstag in Berlin ein Votum, das ihm maximale Freiheiten für Verhandlungen mit CDU und CSU lässt.

Gleichzeitig wächst der Druck aus dem In- und Ausland auf Schulz, rasch eine Regierungsbildung zu ermöglichen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sowie der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras drängten den SPD-Vorsitzenden zu einer neuen großen Koalition. In Telefonaten und SMS-Botschaften sei es darum gegangen, wie Deutschlands Sozialdemokraten europäische Reformen in einer Bundesregierung voranbringen könnten, bestätigte Schulz der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Tsipras beispielsweise habe ihm geschrieben: "Vergiss nicht, dass eine wahrhaft linke und fortschrittliche Position nicht darin besteht, die eigene Identität möglichst sauber zu halten."

Altmaier äußert Verständnis für SPD

Ministerpräsidenten mehrerer Bundesländer sprachen sich am Wochenende dafür aus, nach den erfolglosen Gesprächen über eine Jamaika-Koalition nicht noch mehr Zeit zu verlieren, darunter der Thüringer Bodo Ramelow (Linke) und Daniel Günther (CDU)

aus Schleswig-Holstein. Die Sozialdemokraten wollen sich davon nicht unter Druck setzen lassen. Nach Ansicht von Parteivize Ralf Stegner reiche es aus, wenn die Gespräche zur Regierungsbildung im neuen Jahr beginnen würden. Fraktionschefin Nahles sagte ebenfalls, dass sich die SPD jetzt die erforderliche Zeit nehmen werde. "Wir haben eine geschäftsführende Regierung, es gibt keine Staatskrise und deswegen auch keinen übermäßigen Zeitdruck." Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) äußerte Verständnis für die Lage der Sozialdemokraten und riet zur Geduld. Die SPD sei in einem "schwierigen Entscheidungsprozess", sagte er.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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