Jemen:Ende des Schlangentänzers

Er war 33 Jahre Jemens Präsident, nun ist Ali Abdullah Saleh im Machtkampf um sein Land gestorben.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Ex-Präsident Saleh im Jemen getötet

Ali Abdullah Saleh stand 33 Jahre an der Spitze Jemens – am Montag meldete die von Iran unterstützte Huthi-Miliz, er sei bei Gefechten in der Nähe von Sanaa ums Leben gekommen.

(Foto: Hani Al-Ansi/dpa)

Ali Abdullah Saleh hat sein früheres Amt als Präsident Jemens einmal mit dem Tanz auf Schlangenköpfen verglichen. 33 Jahre an der Spitze hat er die Balance dabei nicht verloren, bis zu seinem Sturz 2011. Am Samstag noch sah es danach aus, als könne der weiter mächtige Strippenzieher trotz seiner 75 Jahre ein politisches Comeback feiern: Er kündigte seine Zweckallianz mit der von Iran unterstützten Huthi-Miliz auf und diente sich Saudi-Arabien als Gesprächspartner an - sofern Riad die Angriffe auf Jemen einstelle und die Blockade aufhebe.

Doch diesmal hat den Schlangentänzer die Fortune verlassen: Der Huthi-Sender Al-Masirah meldete am Montag unter Berufung auf das ebenfalls von den Huthis kontrollierte Innenministerium, Saleh sei bei Gefechten südlich von Sanaa getötet worden. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus Sanaa hat ein enger Verwandter Salehs Tod bestätigt. Quellen aus Salehs Partei hatten zuvor entsprechende Berichte zunächst noch zurückgewiesen.

Im Internet kursierte ein Video, das eine Leiche mit einer schweren Kopfverletzung zeigt, die Saleh sehr ähnlich sieht. Sie liegt, bekleidet mit einem dunklen Anzug, in eine Decke gebettet auf der Pritsche eines Pick-up-Trucks, Huthi-Kämpfer rufen: "Deine Rache, Sayyidi Hussein!" Gemeint ist der Gründer ihrer Bewegung, Hussein al-Huthi, der während des ersten Huthi-Aufstands 2004 in der nördlichen Provinz Saada getötet wurde - auf Befehl Salehs.

Die Bilder des toten Saleh erinnern auf frappierende Weise an das Ende des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi, der 2011 von Rebellen-Milizen aus dem Betonrohr eines trockenliegenden Kanals gezerrt und misshandelt wurde. Offiziell starb Gaddafi an einer Schusswunde, die er auf dem Weg ins Krankenhaus durch Kämpfe zwischen seinen Anhängern und Gegnern erlitten habe. Daran gab es erhebliche Zweifel, doch geklärt wurde das nie. Über die Umstände von Salehs Todes gab es zunächst keine gesicherten Informationen. Laut den Huthis wurde er bei einem Angriff auf seinen Auto-Konvoi getötet, er sei auf dem Weg nach Saudi-Arabien gewesen. Sie hätten seine gepanzerte Limousine mit einer Panzerfaust gestoppt und ihn bei dem anschließenden Gefecht getötet.

Bewohner Sanaas berichteten, dass mit der Nachricht von Salehs Tod am frühen Nachmittag alle Gefechte in der Hauptstadt vorerst eine Ende gefunden hätten. Einheiten der Republikanischen Garde und der Armee, die loyal zu Saleh standen, hatten sich seit Mittwoch zunehmend schwere Auseinandersetzungen mit den Huthis geliefert und bis Samstag etwa die Hälfte der Stadt eingenommen. Am Sonntag meldeten dann die Huthis, sie hätten Positionen zurückerobert. In den Straßen fuhren Panzer auf. Die Kämpfe waren so intensiv, dass sich die Menschen in vielen Vierteln nicht mehr vor die Türe trauten.

Das Ende der Kämpfe wurde in Sanaa als Bestätigung für Meldungen gewertet, dass neben Saleh auch eine Reihe wichtiger Führungsmitglieder seiner Partei getötet oder von den Huthis verhaftet worden sind. Der Allgemeine Volkskongress bestätigte den Tod eines stellvertretenden Generalsekretärs. Die Partei, lange die dominierende politische Kraft Jemens, steht offenbar vor einem Machtvakuum. Damit dürfte der Aufstand gegen die Herrschaft der Huthis in Sanaa gescheitert sein, bevor er andere Teile Nordjemens erfasste, von dem die Huthis die Hälfte kontrollieren.

Unklar war zunächst das Schicksal von Salehs Sohn Ahmed. Sein Vater hatte ihn als politischen Statthalter aufgebaut. Die Vereinigten Arabischen Emirate, in denen er nach seiner Absetzung als Botschafter im Jahr 2015 weiter lebte, hatten angeblich mit ihm über eine Rückkehr des Vaters an die Macht verhandelt und versucht, Saudi-Arabien davon zu überzeugen, vom international anerkannten Amtsinhaber Abd Rabbo Masur Hadi abzurücken, Salehs einstigem Vize und späteren Nachfolger.

Die beiden Golfstaaten griffen im März 2015 militärisch in den Bürgerkrieg ein, nachdem die Huthis Hadi aus dem Land gejagt hatten. Die Miliz gilt Riad als Handlanger des Regionalrivalen Iran. Die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition hatte sich daher bereit gezeigt, auf Salehs Offerte einzugehen. Riad sah darin eine Möglichkeit, Irans Einfluss in Jemen zurückzudrängen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: