Nahostkonflikt:Gabriel warnt Trump vor Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt

Berliner Forum Außenpolitik

Sigmar Gabriel bei seiner Rede im Forum Außenpolitik des Auswärtigen Amts und der Körber-Stiftung in Berlin

(Foto: dpa)
  • Medienberichten zufolge steht Trump unmittelbar vor der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels.
  • Gabriel sieht bei einer Anerkennung den Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern in Gefahr.
  • Die EU-Außenbeauftragte Mogherini warnt die USA eindringlich vor dem Schritt. Es sei "absolut alles" zu vermeiden, was den Friedensprozess erschweren könne.
  • Die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) droht mit Kontaktabbruch, ebenso die Türkei.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel warnt vor weitreichenden Konsequenzen, falls die USA Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen sollten. "Eine Lösung der Jerusalem-Problematik kann nur durch direkte Verhandlungen zwischen beiden Parteien gefunden werden", sagte Gabriel (SPD) beim Berliner Forum Außenpolitik der Körber-Stiftung. "Alles, was sozusagen die Krise verschärft, ist kontraproduktiv in diesen Zeiten." Deutschlands Position zu dieser Frage bleibe unverändert.

Gabriel forderte in seiner Rede, die in Auszügen der SZ vorab vorlag, eine neue deutsche US-Politik und mehr Selbstbewusstsein gegenüber Washington. Die USA kämen unter ihrem Präsidenten Donald Trump ihrer Rolle als weltpolitische Gestaltungskraft nur noch "geschwächt" nach, heißt es darin.

Medienberichten zufolge steht Trump unmittelbar vor der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt. Außerdem soll er die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem planen. Dies hatte er bereits im Präsidentschaftswahlkampf versprochen. Trump hatte seine Entscheidung am Montag verschoben, laut Weißem Haus soll sie in den kommenden Tagen fallen. Für Mittwoch wird eine Rede von Trump erwartet, in der er sich zum Thema Jerusalem äußern will.

Für den Dienstag hat Trump eine ganze Serie von Telefonaten mit führenden Politikern im Nahen Osten angesetzt. Der Präsident wolle mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, dem jordanischen König Abdullah und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sprechen, teilte die Sprecherin des Weißen Hauses, Sarah Huckabee Sanders, mit. Trump werde wahrscheinlich auch noch mit anderen ausländischen Staatenlenkern sprechen, erklärte sie weiter.

Palästinensischen Angaben zufolge fand das Telefonat des US-Präsidenten mit Abbas bereits statt. Über den Inhalt ist jedoch nichts bekannt.

Der künftige Status von Jerusalem gehört zu den strittigsten und komplexesten Fragen, die bislang eine Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern verhindert haben. Juden wie Muslimen ist die Stadt heilig. Die Palästinenser wollen im arabischen Ostteil der Stadt, den Israel 1967 besetzt und später annektiert hatte, die Hauptstadt eines unabhängigen Staates ausrufen. Israel beansprucht hingegen die ganze Stadt für sich.

Altstadt von Jerusalem

Der künftige Status von Jerusalem gehört zu den strittigsten und komplexesten Fragen im Nahostkonflikt.

(Foto: dpa)

PLO droht mit Kontaktabbruch

Dementsprechend kritisch fallen die Reaktionen auf Trumps mögliche Vorhaben aus. Der diplomatische Berater von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, Madschdi Chaldi, droht den USA mit einem Kontaktabbruch, sollte Trump Jerusalem als Hauptstadt anerkennen. Die USA würden ihre Glaubwürdigkeit als Vermittler im Nahen Osten verlieren. Husam Zomlot, Gesandter der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in Washington, spricht von "katastrophalen Konsequenzen". Eine solche Entscheidung wäre der "Todesstoß" für die Zwei-Staaten-Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts. Jerusalem sei das Herzstück der Zwei-Staaten-Lösung.

Türkei: "Das wäre ein fataler Fehler"

Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan zeigt sich "extrem besorgt". "Das wäre ein fataler Fehler und würde gegen internationale Vereinbarungen, UN-Resolutionen und historische Tatsachen verstoßen. Ein solcher Schritt würde alle Friedensbemühungen unterlaufen und neue Spannungen und Konflikte auslösen", sagte Erdoğans Sprecher İbrahim Kalın. "Wir hoffen, dass die US-Regierung diesen Fehler vermeiden wird."

"Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime", sagte Erdoğan selbst vor der Fraktion seiner AKP im Parlament in Ankara. "Das kann so weit gehen, dass wir unsere diplomatischen Beziehungen zu Israel abbrechen."

Israel entgegnete dem türkischen Präsidenten: "Jerusalem ist die Hauptstadt des jüdischen Volkes seit mehr als 3000 Jahren und Israels Hauptstadt seit 70 Jahren, ungeachtet dessen, ob sie von Erdoğan als solche anerkannt ist oder nicht", teilten Vertreter der israelischen Regierung mit.

Aus Saudi-Arabien heißt es, eine solche Entscheidung Trumps würde "historischen Rechten" des palästinensischen Volkes auf Jerusalem widersprechen und Muslime auf der ganzen Welt provozieren, berichtet die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa. Eine Abkehr der USA von einer unparteiischen Position in dem Konflikt würde schwerwiegende negative Folgen haben.

Die EU warnt Trump davor, den Friedensprozess zu behindern

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat die USA eindringlich vor einer Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt gewarnt. Der Status der Stadt müsse über Verhandlungen geklärt werden, sagte sie am Dienstag nach einem Treffen mit US-Außenminister Rex Tillerson in Brüssel. Es sei "absolut alles" zu vermeiden, was eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses zwischen Israelis und Palästinensern erschweren könne. Jerusalem müsse Hauptstadt Israels und eines palästinensischen Staates sein können, sagte Mogherini.

Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sagte zu Trumps möglichen Plänen: "Das ist Öl auf das Feuer. Das kann ganz, ganz explosiv werden."

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte bereits am Montagabend mit Trump telefoniert. Ob es bei dem Gespräch auch um Jerusalem ging, ist nicht bekannt. Macron zumindest ließ nach dem Telefongespräch über den Élysée-Palast mitteilen, dass er eine mögliche Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels durch die USA ablehne. Der Status Jerusalems müsse im Rahmen der Friedensverhandlungen von Israelis und Palästinensern festgelegt werden.

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