Arbeitskleidung:Warum Manager immer öfter die Krawatte weglassen

Daimler CEO Zetsche poses for pictures at the car maker's annual news conference in Stuttgart

Gern ohne Krawatte: Daimler-Chef Dieter Zetsche.

(Foto: REUTERS)

Chefs wie Joe Kaeser oder Dieter Zetsche tauchen auch bei hochoffiziellen Terminen ohne Schlips auf. Damit folgen sie dem Zeitgeist.

Von Caspar Busse

Joe Kaeser ist viel unterwegs, in dieser Woche war er auch in Görlitz und hat dort mit Mitarbeitern gesprochen. Das Siemens-Werk in der östlichsten Stadt Deutschlands soll geschlossen werden. Nach den Verhandlungen machte der Konzernchef den Betroffenen Mut und trat am Abend unter anderem in der "Tagesschau" auf, mit ernster Miene, aber ohne Krawatte und mit offenem Kragen.

Wie Kaeser verzichten immer mehr deutsche Top-Manager inzwischen auf Krawatte und dunklen Anzug. Daimler-Chef Dieter Zetsche tauchte als einer der ersten auch bei offiziellen Terminen, etwa auf Automessen, plötzlich in verwaschener Jeans, coolem Sakko und Hemd auf. Adidas-Boss Kasper Rorsted, der in seiner früheren Funktion als Henkel-Vorstandsvorsitzender immer Schlips trug, erscheint nun im Kapuzenpulli, mit Jeans und bunten Turnschuhen beim Termin. Sogar Führungskräfte von so traditionellen Unternehmen wie Bosch oder Allianz gehen heute ohne Schlips zur Arbeit, in vielen Niederlassungen wurde eine langjährige Krawattenpflicht abgeschafft. Und selbst in Sparkassenfilialen trägt heute nicht mehr jeder Mitarbeiter einen Schlips. "Oben ohne" ist also in. Für den Absatz von Krawatten ist das nicht gerade förderlich.

"Die Krawatte war immer etwas Verlässliches", sagt die Stilexpertin und Buchautorin Katharina Starlay, die auch Manager berät. Der Schlips habe aber auch eine "statische Wirkung", die vielen nicht mehr zeitgemäß erscheine. Ohne ihn wollten die Manager jung, dynamisch und internetaffin wirken. "Die Chefs der Unternehmen senden damit bewusst Signale. Sie sind Aushängeschilder, nicht nur mit dem, was sie tun, sondern auch damit, wie sie sich kleiden", sagt Mark Langer, Vorstandsvorsitzender von Hugo Boss, dem größten deutschen Modeunternehmen. Zudem folgten sie dem Zeitgeist. Viele Kunden, die etwa einen Mercedes kaufen wollen, fänden es gut, wenn sich der Chef "dem Lifestyle öffnet, und die Marke sich so verjüngt", sagt Langer, der selbst immer Krawatte trägt, wenn auch eine sehr modische, schmal und einfarbig.

Die Krawatte gibt es schon seit mehr als 400 Jahren, früher war sie fester Bestandteil von Uniformen. Das Wort soll auf das französische "à la cravate" zurückgehen, was "nach kroatischer Art" bedeutet, denn kroatische Soldaten sollen erstmals ein größeres Stück Stoff um den Hals getragen haben. Im vergangenen Jahrhundert kam die Krawatte dann bei Büroangestellten in Mode, die sich äußerlich von Arbeitern abgrenzen wollten. Diese Mentalität ist heute überholt, jetzt wird wieder Nähe demonstriert.

Es sei "gar nicht so einfach, ein perfekt kombiniertes, lässiges Outfit zusammenzustellen", heißt es bei Hugo Boss. Viele Manager, die ihre klassische "Uniform" aus Anzug und Schlips ablegen, holen sich deshalb Rat. Denn nicht jeder ist in Stilfragen so entspannt wie Sergio Marchionne - der Fiat-Boss trägt immer, auch während eines Besuchs bei Kanzlerin Angela Merkel, seinen dunklen Pullover. Dazu kommt, dass im Ausland, ob in Asien oder Osteuropa, oft noch Krawatte Pflicht ist. Als Siemens-Chef Kaeser am Dienstag den Präsidenten von Tatarstan zur Unterzeichnung eines Großauftrags traf, tat er das mit Krawatte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: