Urteil:Arzt hält künstliche Ernährung aufrecht - und muss Schmerzensgeld zahlen

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Ärztliche Versorgung eines Patienten in der Notaufnahme des Klinikums der Universität München (Symbolbild) (Foto: dpa)
  • Ein Mann hat vor dem Oberlandesgericht München gegen den Hausarzt seines Vaters geklagt.
  • Der Arzt hat hatte die künstliche Ernährung des Vaters fünf Jahre lang aufrechterhalten und sein Leiden damit unnötig verlängert.
  • Der Sohn hat nun Schmerzensgeld in Höhe von 40 000 Euro zugesprochen bekommen.

Von Stephan Handel

Ein Mann, der gegen den Hausarzt seines Vaters geklagt hat, hat vom Oberlandesgericht Schmerzensgeld in Höhe von 40 000 Euro zugesprochen bekommen: Der Arzt, so die Klage, hatte fünf Jahre lang die künstliche Ernährung des Vaters aufrechterhalten, obwohl der schon vollständig und unumkehrbar dement gewesen sei. Dadurch habe er das Leiden des Vaters unnötig und ohne medizinische Indikation verlängert.

Der Vater war seit 1997 wegen der Demenz unter Betreuung. 2006 verschrieb ein Arzt - nicht der nun beklagte - erstmals die künstliche Ernährung, die von dessen Nachfolger immer weiter verlängert wurde, bis der Mann schließlich 2011 starb. Der Sohn argumentiert, dass dem Vater dadurch Leid und Schmerzen zugefügt worden seien - unter anderem, weil er sich wund gelegen habe.

In der Klage hatte der Sohn 100 000 Euro Schmerzensgeld als Erbe des Vaters sowie 50 000 Euro Schadenersatz für die Heimunterbringung des Vaters geltend gemacht. Dies hatte das OLG jedoch abgelehnt: Den Vermögensschaden habe der Kläger nicht beweisen können.

Der Arzt hatte sich mit der Einlassung verteidigt, er habe die Verschreibung der künstlichen Ernährung ja immer nur verlängert - weder der Sohn des Patienten noch der Betreuer, ein Rechtsanwalt, seien zu ihm gekommen und hätten eine Änderung der Therapie verlangt, und einen Punkt, an dem der Zustand des Patienten dessen Weiterleben unwürdig und unmöglich gemacht hätte, habe er nicht benennen können.

Das Landgericht hatte die Klage noch abgewiesen, das Oberlandesgericht kam nun zu der Auffassung, dass der Arzt seine Pflicht zur umfassenden Information des Betreuers verletzt habe - und dass die aus dieser Pflichtverletzung resultierende Lebensverlängerung des Patienten im Rechtssinn einen Schaden darstellen könne.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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