Weißes Haus:Das Ende eines amerikanischen Baums

Mehr als 180 Jahre lang stand die Jackson-Magnolie im Garten des Weißen Hauses, sie überdauerte 38 Präsidenten. Doch dann kamen die Trumps - und jetzt muss der knorrige Baum weichen.

Von Nadeschda Scharfenberg

Das Wesen der digitalen Empörungsgesellschaft besteht darin, dass Logik eine eher untergeordnete Rolle spielt. Das lässt sich gerade am Beispiel eines uralten Baumes nachzeichnen, dessen Geschichte sich sehr rührend erzählen lässt:

Im Jahr 1828 wird Andrew Jackson zum siebten US-Präsidenten gewählt, nach einem überaus schmutzigen Wahlkampf, in dessen Verlauf auch seine Ehefrau Rachel verunglimpft wird. Sie stirbt während der Vorbereitungen zum Umzug ins Weiße Haus an einem Herzinfarkt, ihr Witwer führt das auf die Härten des Wahlkampfs zurück. Im Gedenken an sie pflanzt er vor dem Weißen Haus einen Magnoliensprössling von der Farm des Paares in Tennessee.

Die Jackson-Magnolie hat also mehr als 180 Jahre und 38 Präsidenten überdauert, in ihrem Schatten parlierten Roosevelt und Churchill, unter ihren Zweigen ließen Tausende Kinder Ostereier kullern, und wer weiß, vielleicht hob auch der ein oder andere Präsidentenhund sein Bein an ihrem Stamm.

Von 1928 bis 1998 zierte sie die Rückseite der 20-Dollar-Note, sie diente als Vorbild für ein Porzellanservice und 1994 überstand sie leicht geknickt einen Flugzeugcrash im Garten des Weißen Hauses. Doch dann kamen die Trumps, und jetzt muss die Magnolie weg.

Sogleich fegte der Shitstorm los: "Sogar die Bäume sterben, seit dieser Idiot im Weißen Haus ist!" - "Melania, verdammt, ist es so schwierig, einen Baum zu gießen?" - "Wahrscheinlich stellt Trump stattdessen eine Statue von sich selbst auf" und so weiter.

Als Trump vor einem Jahr dort einzog, war noch die Empörung groß gewesen, dass er im Oval Office ein Porträt von, genau: Andrew Jackson aufgehängt hatte, der berüchtigt war für seine Indianer-Vertreibung. Die Entscheidung zur Fällung fällten übrigens nicht die Trumps allein, sondern, so berichten es US-Medien, unter Beratung der Botaniker des US-Baumschutzzentrums.

Diese befanden, dass die morsche Magnolie nicht zu retten sei. Aber es wurde bereits ein Ableger gezogen, der an ihrer Stelle gepflanzt werden soll.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: