Ungenutzte Wohnungen:"Wir haben Notstand. Keinen Leerstand"

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Kommunen im Landkreis sehen die Statistik kritisch. Die Dachauer SPD scheiterte mit einer Zweckentfremdungssatzung

Das Problem Leerstand kennt auch Erdweg. Laut Statistik stehen in der Gemeinde 70 Wohnungen leer. Zuletzt kam das Thema auf einer Bürgerversammlung im Februar zur Sprache. Der Ortsvorstand sieht die Verwahrlosung, etwa an der Glonntalstraße, nicht gern, doch sei die Gemeinde bisher in Gesprächen mit den Eigentümern nicht weiter gekommen.

Zu hoch erscheint die Statistik, laut der allein in Dachau 800 Wohnungen leer stehen sollen, sagt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). "Dazu hätte ich gerne eine Liste mit Telefonnummern, dann rufe ich die alle selbst an", sagt er. Dass Objekte leer stehen, glaubt die SPD aber schon zu wissen. Sie stellte 2014 im Stadtrat den Antrag, eine Zweckentfremdungssatzung nach Münchner Vorbild einzuführen. Die Fraktion vermutete als Grund für den Leerstand zumindest in einigen Fällen Spekulation auf steigende Preise. Zweckentfremdung von Wohnraum für gewerbliche oder freiberufliche Nutzung hätte demnach mit bis zu 50 000 Euro Strafe geahndet werden sollen. Der Antrag wurde abgelehnt. Auch die SPD selbst hatte keine klare Antwort darauf, wie überhaupt eine solche Zweckentfremdung festgestellt werden sollte.

Erwin Zelenka, Geschäftsleiter der Gemeinde Röhrmoos, hält die Statistik schlicht für unglaubwürdig. Röhrmoos sei zu 99 Prozent mit Einfamilien- und Doppelhäusern bebaut, sagt Zelenka. Wenn doch einmal jemand eine Einliegerwohnung eingeplant habe, dann sei die für Familienangehörige. In die Nutzung privater Räume wolle die Gemeinde niemandem hineinreden, sagt Zelenka. "Die Leute möchten vielleicht einfach keinen Fremden im Haus haben." Außerdem seien alle Bebauungspläne und Stellplatzsatzungen auf die Ein- oder Zweifamiliennutzung ausgelegt. "Wir haben Wohnungsnotstand. Keinen Leerstand." Ganz ähnlich ist die Situation in Bergkirchen, ebenfalls ländlich geprägt. Die Menschen wohnen fast ausschließlich im Einfamilienheim oder Reihenhaus, sagt Bürgermeister Simon Landmann (CSU). Die Folge: "Nennenswerte Leerstände haben wir nicht, weil wir überhaupt nur ganz wenige Wohnungen haben, die leer stehen könnten." Auch ganze Häuser, selbst wenn sie alt und abgewohnt sind, bleiben offenbar in Bergkirchen nicht ungenutzt. Diese Gebäude würden dann als Boardinghaus an Arbeiter vor allem aus Osteuropa gewinnbringend vermietet, sagt Landmann. "Leider ein Geschäftsmodell." Auch ohne Leerstand gibt es in Bergkirchen Handlungsbedarf, das hat der Gemeinderat erkannt. In Zeiten explodierender Grundstücks- und Baupreise kann sich die einheimische Jugend ein Haus kaum leisten. Wohnungen, die bezahlbarer werden, gibt es nicht. "Die jungen Leute ziehen dann weg aus ihrem Heimatort und kommen meist nicht wieder." Die Gemeinde will gegensteuern. Bei neuen Baugebieten wird man bei Einheimischen-Modellen künftig "ein Augenmerk auf Geschosswohnungsbau legen."

Wegen der exzellenten Bahnanbindung gibt es in Petershausen auch Mehrfamilienhäuser und größere Anlagen mit Wohnungen. Allerdings "sind die schneller wieder vermietet, als sie überhaupt leer werden", sagt Bürgermeister Marcel Fath (FW). Gerade kleine Wohnungen fehlen jedoch, so dass junge Leute oft nicht vom Elternhaus ausziehen können. Problemtisch ist in der 6800-Einwohner-Gemeinde die Entwicklung, dass unsanierte Altbauten, oft ehemalige Austragshäuser, lange ungenutzt bleiben. Zwei Objekte hat die Gemeinde kaufen können und nutzt sie zur Unterbringung für obdachlose Bürger. Für kritisch hält Fath den vielfach schlechten Zustand dieser Gebäude. Manche seien so heruntergekommen, "dass man ehrlich nicht mehr drin wohnen kann." Eine Handvoll Häuser werde in Schuss gehalten und bleibe dennoch leer, weil ein Übergang innerhalb der Familie geplant ist.

© SZ vom 28.12.2017 / vgr, pes - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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