Bundeswehr:Mit 17 Jahren in die Kaserne

Bundeswehr: Junge Bundeswehrsoldaten in der Grundausbildung (Symbolbild): Einige Forscher sehen die Praxis, Minderjährige zu rekrutieren, kritisch.

Junge Bundeswehrsoldaten in der Grundausbildung (Symbolbild): Einige Forscher sehen die Praxis, Minderjährige zu rekrutieren, kritisch.

(Foto: imago stock&people)
  • Unter den Rekruten der Bundeswehr sind so viele minderjährige Soldaten wie noch nie.
  • Die Linke übt harsche Kritik daran.
  • Die Bundesregierung verweist jedoch darauf, sie müsse um die Minderjährigen werben, um konkurrenzfähig zur Wirtschaft zu bleiben.

Von Benedikt Peters und Christian Endt

Seit Sommer 2016 ist die Bundeswehr auf Youtube. Über die Internetplattform verbreitet sie Imagefilme, sie heißen "Die Rekruten" oder, nach einem der aktuellen Einsatzgebiete, schlicht "Mali". Die Filme zeigen junge Menschen in Uniform, die augenscheinlich vor Kurzem ihren Dienst als Soldat angetreten haben.

Um solche jungen Menschen bemüht sich die Bundeswehr in letzter Zeit verstärkt, und sie ist dabei durchaus erfolgreich. Die Zahl minderjähriger Soldaten ist dem Bundesverteidigungsministerium zufolge deutlich angestiegen. Im vergangenen Jahr traten demnach 2128 von ihnen den Dienst bei der Bundeswehr an - so viele wie noch nie. 448 der minderjährigen Soldaten sind Frauen, auch diese Zahl ist vergleichsweise hoch.

Kritik von Forschern

Bei der Linkspartei, welche eine entsprechende Anfrage an die Regierung gestellt hatte, ist die Aufregung groß. Linken-Entwicklungsexpertin Evrim Sommer warf der geschäftsführenden Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) Skrupellosigkeit vor. Sie forderte, die Rekrutierung Minderjähriger sofort zu beenden. Ähnliche Anfragen hatte die Partei bereits in den vergangenen Jahren gestellt und jedes Mal auf die gestiegene Zahl minderjähriger Rekruten verwiesen.

Einige Forscher sehen die Praxis ebenfalls kritisch. Der Zürcher Psychologe Tobias Hecker etwa hatte bei einer Anhörung im Bundestag 2016 auf Erkenntnisse aus der Hirnforschung hingewiesen, denen zufolge die Entwicklung der Entscheidungsfähigkeit erst bei Personen Anfang 20 abgeschlossen sei. "Junge Menschen begeben sich deshalb schneller in Gefahr und haben ein höheres Risiko für Traumastörungen."

In Großbritannien kamen Forscher zudem zu dem Schluss, dass Soldaten, die sich bereits minderjährig für die britische Armee gemeldet haben, im Afghanistan-Krieg ein besonders hohes Todesrisiko hatten. Statistisch nachweisbar war dies allerdings nur bei einem Eintrittsalter von 16 Jahren. Die Bundeswehr nimmt Rekruten hingegen erst im Alter von 17 Jahren an.

Jüngere Schulabgänger

Das Bundesverteidigungsministeriums wies die Kritik an der Rekrutierungspraxis zurück. Eine Sprecherin merkte an, dass die Bundeswehr um 17-Jährige allein schon deswegen werben müsse, um gegenüber der Wirtschaft wettbewerbsfähig zu sein. Laut Statistischem Bundesamt seien derzeit drei Viertel aller Schulabgänger noch nicht volljährig.

Gäbe es nicht die Möglichkeit, auch Minderjährige zu rekrutieren, könnte die Bundeswehr also nur 25 Prozent der Schulabgänger ansprechen, so die Argumentation der Verantwortlichen. Im Übrigen stehe die Rekrutierungspraxis "vollkommen in Einklang mit den internationalen Abkommen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen".

Keine Auslandseinsätze, keine Wachdienste

Nach Angaben des Ministeriums gelten für die minderjährigen Soldaten eine Reihe von Sonderregeln. So nähmen sie nicht an Auslandseinsätzen teil und würden nicht zu Wachdiensten eingeteilt. Die Waffe dürften die Minderjährigen nur zu Ausbildungszwecken einsetzen, und es gebe eine besondere Probezeit von sechs Monaten.

Die Bundeswehr bemüht sich seit einiger Zeit, zusätzliches Personal anzuwerben, um wieder zu wachsen. Von der Leyen hatte in der vergangenen Legislaturperiode nach Jahren des Schrumpfens eine Wende angekündigt, um die Truppe an aktuelle Herausforderungen anzupassen.

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