Kryptowährungen:Der lange Weg vom Bitcoin zum Euro

Kryptowährungen: Passanten betrachten zwei Bitcoin-Geldautomaten in Hong Kong. Wer ein derartiges Gerät in Deutschland sucht, wird wohl nicht mehr fündig. Die regulatorischen Hürden sind sehr hoch. In anderen europäischen Ländern wie Österreich oder Tschechien gibt es jedoch welche.

Passanten betrachten zwei Bitcoin-Geldautomaten in Hong Kong. Wer ein derartiges Gerät in Deutschland sucht, wird wohl nicht mehr fündig. Die regulatorischen Hürden sind sehr hoch. In anderen europäischen Ländern wie Österreich oder Tschechien gibt es jedoch welche.

(Foto: Anthony Wallace/AFP)

Wofür stehen Private Key, Public Key oder Wallet? Und wie kommt der Bitcoin-Besitzer an sein Geld? Wer Kryptowährungen kaufen will, muss einiges lernen.

Von Hans von der Hagen und Mirjam Hauck

Fast wäre der Zettel in der Schublade vergessen worden. Die Kollegin hatte ihn 2014 bekommen. Erst als der Bitcoin die Marke von 11 000 Dollar überquerte, erinnerte sie sich wieder daran, ist doch dieser Zettel Beleg dafür, dass ihr Bitcoin gehören. Zumindest so viel Bitcoin, wie 2014 für fünf Euro zu kaufen waren.

Ein Start-up-Unternehmen hatte seinerzeit einen Bitcoin-Automaten in München aufgestellt. Bei der Vorführung des Automaten hatte sie fünf Euro in ein dunkelgraues Gerät mit großem Display gesteckt. Heraus kam ein Stück Thermopapier. Nun, drei Jahre später, ist das Thermopapier an einigen Stellen nicht mehr lesbar. Oben steht "This is your bitcoin paper wallet", also: "Dies ist Ihr Bitcoin-Papier-Portemonnaie". Links und rechts sind zwei QR-Codes aufgedruckt - ähnlich wie sie auch auf einem Online-Bahnticket zu finden sind.

Unter einem der Codes steht das Wort Public Key, unter dem anderen Private Key. Auch die "Balance", das Guthaben also, ist erwähnt: Es beträgt 0,0188 Bitcoin. Nach der irren Kursjagd entspricht dies derzeit etwa 260 Euro. Das Stück Papier ist ein Kristallisationspunkt der ansonsten unsichtbaren Bitcoin-Welt. Anders als bei herkömmlichen Währungen gibt es für den Bitcoin - jenseits symbolischer Münzen - kein Bargeld, weil es sich um eine digitale Währung handelt. Jede Bewegung eines Bitcoin wird über das zugrundeliegende Programm in Datenblöcken erfasst, die wie in einer Kette miteinander verbunden sind - in einer Blockchain also. Jeder kann sich die Blockchain herunterladen und die Transaktionen nachvollziehen. Keine Institution reguliert die Währung, allein das Programm bestimmt, was mit dieser Währung passiert.

Aber lässt sich dieses alte Stück Papier nun doch wieder in Euro umwandeln? Wer kann helfen? Die Menschen, die damals den Automaten aufgestellt haben. Oben auf dem Zettel steht bitxatm. Klar, Bit für Bitcoin und ATM für Geldautomat. Als Suchbegriff genutzt, führt einen dieses Wort schnell auf eine Webseite, die SatoshiBay heißt - es ist die Seite der Jungunternehmer, die den Namen der Webseite an Satoshi Nakamoto anlehnten. Satoshi Nakamoto ist das Pseudonym des bis heute unbekannten Bitcoin-Erfinders.

Wenig Hoffnung macht freilich der Satz dort: "Automat nicht in Betrieb." Man betreibe nun einen eigenen Online Shop, über den Hardware Wallets von Ledger und Trezor angeboten würden. Offenbar ist das Geschäft mit den Bitcoin-Portemonnaies einträglicher als das Geschäft mit Bitcoin selbst. Telefonnummern stehen auch noch dort. Vladimir Tosovic ist einer der Jungunternehmer von damals. Er meldet sich sofort. "Nein", sagt er, "die Firma gebe es nicht mehr." Er selbst entwickle nun Software, mit der Anleger ausrechnen können, wie hoch die Spekulationssteuer ist, die bei Geschäften mit Kryptowährungen anfalle. Auch der Geldautomat sei längst wieder abgebaut worden. Aber wie man ein Stück Thermopapier wieder in herkömmliches Geld verwandeln kann, weiß er natürlich. Kurz darauf bei einem Treffen erzählt er, dass auf dem Schnipsel nur zwei Dinge wichtig seien: die QR-Codes, also die Schlüssel.

Die kaum noch lesbare Transaktionsnummer spiele keine Rolle. Der Public Key, sagt Tosovic sei so etwas wie eine Kontonummer in dem Bitcoin-System, auch wenn ihr kein Name zugeordnet sei. Wer Bitcoin überwiesen bekommen wolle, müsse ihn weitergeben. Ganz anders verhalte es sich mit dem Private Key. Wer den Private Key hat, kann über die Bitcoin verfügen - denn aus ihm lasse sich auch der zugehörige Public Key ermitteln. Stellt man sich den Public Key als Kontonummer vor, dann ist der Private Key der Geheimcode dazu. "Aber den Bitcoin einfach auf Papier zu haben, ist nicht sinnvoll", sagt Tosovic. Besser sei es, ihn in digitaler Form zu lagern.

Er selbst nutzt dafür die Hardware Wallets, die wie USB-Sticks aussehen. Auf ihnen hinterlegt er die Private Keys. "Das ist sicherer als etwa auf dem Rechner." Wenn der einmal gehackt und die Private Keys geklaut würden, seien die Bitcoin verloren. Die Wallets sind besonders gesichert: Einerseits durch eine Pin-Nummer, andererseits durch einen speziellen Code, Seed genannt. Mit ihm lässt sich der Private Key wiederherstellen, falls der Stick verloren geht.

Und dann hat sich der Wert des Handys um 260 Euro gesteigert

Aber wie gelangt das Geld nun auf den Rechner? Wer Bitcoins kaufen oder verkaufen will, macht das meist über Online-Marktplätze wie Bitcoin.de, Kraken oder Coinbase. Dort wird entweder im Web oder in der App ein Wallet angelegt und mit dem herkömmlichen Konto oder der Kreditkarte verknüpft. Um sich zu verifizieren, sind manchmal ein Video-Identverfahren oder eine Ausweiskopie notwendig. So wollen die Marktplätze Seriosität und Vertrauenswürdigkeit sicher stellen.

Als das Stück Thermopapier wieder zu Euro gemacht werden soll, ist das allerdings nicht notwendig. Die beiden QR-Codes lassen sich mit einer normalen Scanner-App auf dem Handy auslesen - sie werden in lange Buchstaben- und Zahlenkombinationen übersetzt. Dann ist schnell auf dem Handy eine App eines Marktplatzes heruntergeladen, und ein Online-Wallet angelegt. Die Macher haben ihren Firmensitz in Estland. Aber gilt nicht gerade das kleine baltische Land als Vorreiter in Sachen Digitalisierung? Nach eine kurzen Registrierung mittels Name, E-Mail-Adresse, Handynummer und einem guten Passwort ist man angemeldet. Die Zahlen-und-Buchstabenkombination wird ganz mühelos ins Wallet importiert. Und plötzlich hat sich der Wert des Handys um 260 Euro gesteigert.

In der App lassen sich weitere Wallets anlegen, zum Beispiel für die Bitcoin-Abspaltung Bitcoin Cash oder auch für die Kryptowährung Ethereum. Die Bitcoin können auch direkt im Wallet in Euro umgetauscht werden. Wer das Wallet mit der eigenen Kreditkarte oder seinem Konto verknüpft, kann auch weitere Bitcoin kaufen oder - wie in diesem Fall - den Gegenwert der ursprünglichen fünf realen Euros wieder in die herkömmliche Finanzwelt überführen. Wer einen Bitcoin-Geldautomaten sucht, wird wohl in Deutschland nicht mehr fündig. Die regulatorischen Hürden sind sehr hoch. In Ländern wie Österreich, der Schweiz oder in Tschechien gibt es aber welche. Um nun das eigene Konto für das Bitcoin-Wallet zu verifizieren, werden noch ein paar Cent an den Anbieter überweisen. So macht es auch die Kollegin. Und tatsächlich: Zwei Tage später bekommt sie eine Mail, dass alles geklappt hat. Weitere zwei Tage später sind die vertrauten Euro tatsächlich auf dem eigenen Konto.

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