Weltwirtschaftsforum:Trump droht China - und dem Welthandel gleich mit

Donald Trump und Xi Jinping bei einem Treffen 2018

US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, hier im November in Peking, haben ein schwieriges Verhältnis.

(Foto: AP)
  • US-Präsident Donald Trump verschärft seinen Ton gegenüber China, will nun "dicke Geldstrafen" verhängen.
  • Nun fragen sich Regierung und Unternehmen in China: Meint er es diesmal ernst?
  • Sollte der Konflikt tatsächlich eskalieren, könnte auch Deutschland zwischen die Fronten geraten.

Von Christoph Giesen, Peking, und Claus Hulverscheidt, New York

Die Stimmung ist angespannt in China. In den Ministerien in Peking, im Parteiapparat, aber auch bei den Unternehmen - überall hat das große Psychologisieren begonnen: Meint Donald Trump es diesmal ernst oder ist wieder einmal alles nur heiße Luft? Wird der US-Präsident die Welt in einen nie da gewesenen Handelskrieg führen? Eine ökonomische Verdrängungsschlacht zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Erde? Oder ist alles nur halb so wild?

Gut zwei Wochen ist es her, dass eine hochkarätig besetzte Delegation aus Washington nach Peking reiste. Ein ehemaliger Handelsminister, ein früherer Vize-Außenminister, dazu führende Verbandsvertreter und Unternehmer - es war keine offizielle Abordnung der US-Regierung, doch die Chinesen verstanden die Botschaft und gewährten Termine im Politbüro. Das Anliegen der Amerikaner: kein Dumping mehr, Chancengleichheit für ausländische Unternehmen in China und ein Ende der ständigen Urheberrechtsverletzungen - sonst wird's ernst. Diesmal wirklich.

Die Antwort der chinesischen Parteifunktionäre fiel schroff aus

Kaum eine Volkswirtschaft schottet sich so systematisch ab wie China. In vielen Branchen dürfen ausländische Unternehmen nur dann in der Volksrepublik produzieren, wenn sie sich mit chinesischen Partnern zusammentun, die Gewinne müssen geteilt werden. Bei staatlichen Ausschreibungen kommen oft chinesische Hersteller zum Zug. Laut einer Erhebung des Industrieländer-Klubs OECD liegt China bei der Offenheit für ausländische Direktinvestitionen derzeit auf Platz 59 von 62. Soll heißen: Der Markt ist dicht.

Die Antwort der Parteifunktionäre fiel schroff aus: Alles zu seiner Zeit, bekam die Delegation zu hören, die gleiche Botschaft erhielten US-Unternehmer in Peking. "Das Gewehr ist durchgeladen", sagte einer der Amerikaner später. "Es wird nicht mehr verhandelt, sondern nur noch gehandelt."

Wirklich? Tatsache ist, dass Trump seinen Ton gegenüber China verschärft und angekündigt hat, er werde wegen des anhaltenden Diebstahls von geistigem Eigentum eine "dicke Geldstrafe" gegen das Land verhängen. Was er damit genau meint, ist noch unklar. Ein Handelsgesetz von 1974 erlaubt es ihm jedoch, Unternehmen, die bei Konkurrenten Know-how absaugen, mit Zöllen und anderen Sanktionen zu belegen. Trump sagte, er werde sich in seiner Rede zur Lage der Nation nächste Woche Dienstag dazu zu äußern.

Trump hatte immer wieder mit Zöllen und anderen Sanktionen gedroht

Vorher reist er in die Schweizer Berge. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos ist Trump in diesem Jahr der Ehrengast. 2017 war Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping dort und hielt eine bemerkenswerte Rede auf den Freihandel. Ein Plädoyer für die Globalisierung. Die Welt war entzückt. Taten folgten aber keine. Stattdessen laufen in den nächsten Monaten gleich mehrere Fristen ab, innerhalb derer der US-Präsident über Wettbewerbsbeschwerden amerikanischer Firmen gegen ausländische Konkurrenten entscheiden muss. Es geht um die Einfuhr von Solarzellen, Waschmaschinen, Stahl, Aluminium und Alufolien. In praktisch allen Fällen erwägt das Weiße Haus die Verhängung von Zöllen oder Importquoten, betroffen wären deutsche, koreanische und viele andere Unternehmen - vor allem aber chinesische.

Parallel dazu diskutiert der US-Kongress über eine drastische Verschärfung der sogenannten CFIUS-Richtlinien, die es der Regierung in Washington ermöglichen, die Übernahme amerikanischer Firmen durch ausländische Wettbewerber aus Gründen der nationalen Sicherheit zu untersagen. Hier wird es aber wohl frühestens im Sommer eine Entscheidung geben.

In den vergangenen Monaten hat Trump immer wieder mit Zöllen und anderen Sanktionen gedroht, weil er das jährliche Handelsdefizit gegenüber China von mehr als 300 Milliarden Dollar als persönliche Schmach empfindet. Viel passiert ist allerdings nicht. Immer mehr Fachleute in Washington gehen jedoch davon aus, dass sich das diesmal ändern könnte. "Es sieht so aus, dass es tatsächlich zu einem Handelskrieg kommt", sagt Scott Kennedy, China-Experte am Center for Strategic and International Studies. Derzeit sei nicht zu erkennen, dass beide Seiten Interesse an einer Verhandlungslösung hätten.

Zöge Peking Geld aus den USA ab, würde eine Rezession drohen

Diese Einschätzung wird allerdings nicht überall geteilt. "Ich glaube nicht an einen Handelskrieg - dafür steht für beide Seiten zu viel auf dem Spiel", meint ein ranghoher Beobachter. Sollte Trump etwa alle chinesischen Importe mit einem Zoll von 45 Prozent belegen, wie er es im Wahlkampf immer wieder angedroht hatte, wären die amerikanischen Verbraucher die Leidtragenden. Proteste wegen massiv steigender Preise könne sich der Präsident aber nicht leisten. Er werde deshalb aller Voraussicht nach "eher auf Daumenschrauben als auf die Guillotine setzen". Auch viele Unternehmer und Ökonomen warnen davor, alle chinesischen Importe einfach über einen Kamm zu scheren und damit auch US-Konzerne wie Apple, die ihre Produkte in Fernost produzieren lassen, in Schwierigkeiten zu bringen.

Umgekehrt erfährt Trump selbst bei ausländischen Unternehmen - etwa bei deutschen - sehr viel Sympathie für seine Ankündigung, sich den Technologieklau und die Abschottung vieler Branchen in China nicht länger gefallen zu lassen. Myron Brilliant, Vizechef der US-Handelskammer, stellte sich gar öffentlich hinter den Präsidenten. "Die Regierung Trump hat recht, dass sie diese Dinge anspricht, und ich glaube auch, dass sie jetzt handeln wird", sagte Brilliant. Er war Teil jener Delegation gewesen, die jüngst nach Peking reiste. Auch James Rubin, einst Vize-Außenminister unter Präsident Bill Clinton, äußerte Verständnis für Trumps Kurs. "China verletzt überall auf der Welt die internationalen Handelsregeln - jeder weiß das", sagte er dem Fernsehsender CNBC.

Sollte der Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China tatsächlich eskalieren, könnte auch Deutschland zwischen die Fronten geraten, denn beide Länder sind die bedeutendsten Handelspartner der Bundesrepublik. Noch schlimmer aber träfe es die Großmächte selbst: Die USA sind für China der wichtigste Absatzmarkt, gleichzeitig ist die Volksrepublik der mit Abstand größte Gläubiger der Vereinigten Staaten. Zögen die Chinesen auch nur einen Teil ihrer Kredite im Volumen von 1,2 Billionen Dollar ab, müssten sich die USA auf stark steigende Zinsen und eine Rezession einstellen. Umgekehrt schadete sich China damit aber auch selbst. Am Ende hieße es wohl: Verlierer überall.

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